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Sanktionsdurchsetzungsgesetz II in Kraft getreten

Aus wistra 2/2023

Materialien: Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen (BT-Drucks. 20/4326), Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 20/4534 – für erledigt erklärt), Sachverständigenanhörung des Bundestag-Finanzausschusses (Protokoll Nr. 20/34), Beschlussempfehlung des Bundestag-Finanzausschusses (BT-Drucks. 20/4727).

Literatur: Zum Referentenentwurf: Busch, wistra 2022, H. 11 R9; Pelz, UKuR (Ukraine-Krieg und Recht) 2022, 567; zum Regierungsentwurf: Busch, wistra 2022, H. 12 R7; Sattler, UKuR 2022, 712.

Das vom Deutschen Bundestag am 1.12.2022 beschlossene Zweite Gesetz zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen (Sanktionsdurchsetzungsgesetz II, BGBl. I 2606) hat am 16.12.2022 den Bundesrat passiert und ist nach seinem Art. 26 am 28.12.2022 in Kraft getreten – mit Ausnahme von Art. 3 und der darin vorgesehenen Strafbewehrung der europarechtlichen Meldepflichten gelisteter Personen (§ 18 Va, XIII AWG), der am 1.1.2023 in Kraft getreten ist, und von Art. 4 Nr. 1 Buchst. c (Meldung an das Transparenzregister von Unstimmigkeiten bei der Zuordnung von Immobilien, § 23b GwG), der erst am 1.1.2026 in Kraft treten wird.

Die Neuregelungen bringen strukturelle Verbesserungen bei der Durchsetzung von EU-Sanktionen und der Geldwäschebekämpfung auf den Weg. So wird mit dem Gesetz zur Durchsetzung von wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen (SanktDG) eine Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (Zentralstelle) geschaffen, die Gelder und wirtschaftliche Ressourcen von gelisteten Personen ermittelt und sicherstellt. Ihre Ermittlungsergebnisse stellt die Zentralstelle in ein im Internet öffentlich zugängliches Register ein. Außerdem überwacht sie außenwirtschaftsrechtliche Verfügungs- und Bereitstellungsverbote. Die GwG-Änderungen setzen das im Koalitionsvertrag vorgesehen Barzahlungsverbot bei Immobiliengeschäften um und sollen mit weiteren Regelungen für mehr Transparenz bei wirtschaftlich Berechtigten und deren Immobilien sorgen. Die AWG-Änderungen und das SanktDG regeln außerdem die Strafbewehrung von Verstößen gegen nationale und europäische Pflichten zur Meldung von sanktionsbetroffenem Vermögen.

Gegenüber dem Regierungsentwurf sind nur geringfügige Änderungen erfolgt. Hervorzuheben ist die hinzugekommene Berechtigung der Zentralstelle zum automatisierten Abgleich der in ihrem Informationssystem gespeicherten personenbezogenen Daten mit den im polizeilichen Informationsverbund (§ 29 I, II BKAG) enthaltenen personenbezogenen Daten, soweit tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dies zur Verhütung von Straftaten nach § 18 I Nr. 1a, 1c AWG erforderlich ist (§ 5 V SanktDG, § 29 VIII BKAG). Des Weiteren erhält die Zentralstelle auch die Befugnis zum Abruf von (Einwohner-)Meldedaten (§ 34 IV 1 Nr. 12 Bundesmeldegesetz).

Bei der Meldepflicht nach § 10 I SanktDG wurde nach Vorbild von § 23a AWG a.F. klargestellt, dass diese nur gilt, soweit nicht bereits eine anderweitige europarechtliche Meldepflicht besteht (zum Hintergrund s. Busch, wistra 2022, H. 10 R9). Als „zentraler Meldeadressat“ für Meldungen gelisteter Personen sowohl nach europarechtlichen als auch nach nationalen Meldepflichten soll (anders als noch im RegE) die Zentralstelle fungieren (§ 13 IIa AWG, § 10 I SanktDG). Ein Irrtum über die Rechtsgrundlage der Meldepflicht soll unschädlich sein. Wird eine Meldung an die Zentralstelle abgegeben, beseitige dies das „formal fortbestehende (und grundsätzlich strafbewehrte) Unrecht, die Meldung nicht auf die richtige Rechtsgrundlage gestützt zu haben“ (BT-Drucks. 20/4727, 119). Zuständig für die Straftat wegen Nicht-Meldung sowohl nach § 18 Va AWG als auch nach § 16 SanktDG ist die Wirtschaftsstrafkammer (§ 74c I Nr. 3 GVG).

In der Sachverständigenanhörung hatte Wegner die strafbewehrte nationale Meldepflicht nach §§ 10, 16 SanktDG als Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit und damit als verfassungswidrig kritisiert, soweit der mitteilungspflichtige Sanktionierte eine natürliche Person sei und durch § 10 I Nr. 1 SanktDG unter Strafandrohung verpflichtet werde, Vermögenswerte auch dann offenzulegen, wenn er sich durch die Offenlegung einer Straftat bezichtigen würde; in Betracht kämen dabei insbesondere Geldwäsche, Steuerstraftaten sowie AWG-Straftaten (Protokoll-Nr. 20/34, S. 77; Vogel hatte bereits zu der Vorgängerregelung in §§ 23a, 18 Vb AWG a.F. ähnliche Bedenken erhoben, s. Bundestag-Finanzausschuss, Protokoll Nr. 20/11, S. 146). Eine Einziehung von pflichtwidrig nicht-gemeldeten Vermögensgegenständen als Tatobjekte gem. §§ 10, 16, 18 Nr. 1 SanktDG hält Wegner aus Verhältnismäßigkeitsgründen (§ 74f StGB) für kaum zulässig (Protokoll-Nr. 20/34, S. 70; s. dazu auch Busch, wistra 2022, H. 12 R7, R9).

Unverändert geblieben ist die Regelung, dass die Zentralstelle bei Hinweisen auf das Vorliegen einer Straftat unverzüglich alle sachdienlichen Informationen an die zuständige Strafverfolgungsbehörde zu übermitteln hat (§§ 11 VII, 12 VII SanktDG). Anhaltpunkte für das Vorliegen jedenfalls eines strafbewehrten Verstoßes gegen die Meldepflicht nach §§ 10, 16 SanktDG bzw. § 18 Va AWG dürften der Zentralstelle sehr häufig bereits in einem frühen Ermittlungsstadium vorliegen, zumal sie bei personenbezogenen Ermittlungen den Betroffenen schriftlich zur Meldung auffordern muss (§ 11 II SanktDG). Es dürften daher schon zu Ermittlungsbeginn Parallelzuständigkeiten von Zentralstelle und Strafverfolgungsbehörden entstehen, die jedenfalls eine Koordinierung erfordern (s. dazu auch Pelz in der Sachverständigenanhörung des Bundestag-Finanzausschusses, Protokoll-Nr. 20/34, S. 24).

Das Barzahlungsverbot beim Immobilienerwerb erfasst nach dem beschlossenen Gesetz nicht nur Bargeld und Kryptowerte, sondern auch „Gold, Platin oder Edelsteine“ (§ 16a GwG). Für die Bezahlung mit Silber und Kupfer soll die Bundesregierung nach dem Willen der Koalitionsfraktionen eine Ergänzung der GwGMeldV-Immobilien prüfen (BT-Drucks. 20/4727, 111). Sollten sich „Umgehungspraktiken durch Bezahlung mit oder Tausch gegen weitere Wertgegenstände zeigen“, werde zudem zu evaluieren und zu prüfen sein, ob Anlass für eine Erweiterung der vom Barzahlungsverbot erfassten Zahlungsmittel oder Tauschgegenstände bestehe, heißt es in der Begründung der Beschlussempfehlung (BT-Drucks. 20/4727, 120).

Für den Fall, dass dem Notar eine unbare Bezahlung nicht schlüssig nachgewiesen wird und der Notar deswegen eine Verdachtsmeldung abgibt, sieht die Gesetz nunmehr vor, dass die Transaktion frühestens durchgeführt werden darf, wenn der fünfte Werktag nach dem Abgangstag der Meldung verstrichen ist (§ 16a III Nr. 2 SanktDG). Die Verlängerung der ursprünglich vorgesehenen dreitägigen Wartefrist (s. § 46 I 1 GwG) soll der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) genügend Zeit zur Prüfung einzuräumen, um die Transaktion erforderlichenfalls anzuhalten (BT-Drucks. 20/4727, 120). Für Vorleistungsfälle (Eintragung vor Kaufpreiszahlung) wurde die nachlaufende Prüfpflicht des Notars von drei Jahren auf ein Jahr begrenzt (§ 16a IV GWG). Zum Barzahlungsverbot gab die Koalitionsfraktionen im Finanzausschuss zudem die Klarstellung zu Protokoll, dass ein ggf. bereits erfolgter dinglicher Eigentumsübergang auf den Erwerber auch dann unberührt bleibe, wenn die Gegenleistung tatsächlich unter Verstoß gegen das Barzahlungsverbot erbracht worden sein sollte; die Rechtssicherheit in Bezug auf die Eigentumslage und den öffentlichen Glauben des Grundbuchs werde durch die Regelung nicht beeinträchtigt (BT-Drucks. 20/4727, 111). Was die Anwendung des Barzahlungsverbotes auf Share Deals angehe (für die die Pflicht zum Nachweis der unbaren Zahlung nicht gilt, § 16a II 1 GwG), bedürfe es der Prüfung, wie für solche Erwerbsgeschäfte ein Überwachungsmechanismus eingerichtet werden könne. Die Bundesregierung werde daher gebeten, entsprechende Regelungen zu prüfen, z.B. unter Einbindung der Finanzbehörden, wenn der Anteilserwerb grunderwerbsteuerpflichtig sei (BT-Drucks. 20/4727, 111).

Schließlich wurde die Übergangsfrist für die Eintragungspflicht von immobilienhaltenden Vereinigungen mit Sitz im Ausland bei Bestandsimmobilien vom 31.12.2023 auf den 30.6.2023 verkürzt (§ 59 XIII GwG).

In einem Entschließungsantrag (BT-Drucks. 20/4727, 113) haben die Koalitionsfraktionen die Bundesregierung aufgefordert, spätestens im Rahmen des vom BMF für das erste Halbjahr 2023 angekündigten Maßnahmenpakets zur Geldwäschebekämpfung Folgendes zu tun:

  • eine aus notariellen Beurkundungen gespeiste Immobilientransaktionsdatenbank mit Zugriffsbefugnis insbesondere der Strafverfolgungsbehörden zu schaffen,
  • eine Beschleunigung des Verfahrens der Digitalisierung und Einführung eines Datenbankgrundbuchs in der Zuständigkeit der Länder und entsprechender weiterer Möglichkeiten des Bundes zu prüfen,
  • ein Gesamtkonzept zur besseren Registerverknüpfungen zu prüfen und dabei die Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung (und der EuGH-Entscheidung zu öffentlich zugänglichen Registern der wirtschaftlich Berechtigten [Urt. v. 22.11.2022 – C-37/20, C-601/20]) sowie hohe IT-Standards zu gewährleisten,
  • Befugnisse für Fälle mit besonderen Risiken für Geldwäsche- oder Sanktionsverstöße zu schaffen, einschließlich einer weitgehenden Verfügungsbeschränkung und – im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen – eines Eigentumsentzugs,
  • weitere Maßnahmen gegen Vermögensverschleierungen zu ergreifen (einschließlich einer Ermittlungsmöglichkeit für eine Bundesbehörde bei nicht bestimmbaren wirtschaftlich Berechtigten).

Dies schließe aufbauorganisatorische Änderungen durch die Schaffung einer neuen Bundesoberbehörde wie der Bundesoberbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität („Bundesfinanzkriminalamt“) ein. Die gesetzlichen Grundlagen für den Aufbau dieser Behörde sollten unter enger Einbindung des Parlaments spätestens vor Ablauf des Jahres 2023 abgeschlossen werden, mit dem Ziel, den Aufbau im Jahr 2024 zu starten.

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.


Verlag C.F. Müller

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