aus wistra 11/2025
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 17.10.2025 seinen Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Strafrechts – Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/1203 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt“ vorgelegt und den Ländern und Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme bis 17.11.2025 gegeben. Das umfangreiche Mantelgesetz sieht Änderungen im StGB (Art. 1), im OWiG (Art. 2), im BNatSchG (Art. 3), BJagdG (Art. 4) und weiteren Fachgesetzen (Art. 5 bis 14) vor. Art. 15 enthält Folgeänderungen. Inkrafttreten soll das Gesetz am Tag nach seiner Verkündung (Art. 16). Die Frist zur Umsetzung der zugrunde liegenden Richtlinie (RL Umweltstrafrecht) läuft am 21.5.2026 ab (Art. 28 RL Umweltstrafrecht).
Zur Richtlinie s. Boes / Runge, NuR 2025, 653; Burgert / Veljovic, ZUR 2024, 156; Busch, wistra 2024, Register S. 31, wistra 2022, Register S. 49; Federmann, CCZ 2025, 101; Haak / Pawel, WiJ 2024, 60; Heghmanns, ZfIStW 2025, 256; Kuhn, ZfPC 2025, 98; Lenk, NStZ 2025, 521; Pfohl, ZWH 2025, 1 (Teil 1), 45 (Teil 2); Sina, Die Umsetzung der „Ökozid“-Regelung der überarbeiteten Umweltstrafrechts-Richtlinie in deutsches Recht, 2025; Weiß, wistra 2025, 365; Winkler / Brisson, wistra 2025, 278.
Das deutsche Strafrecht erfülle die Richtlinienvorgaben bereits teilweise, so die Entwurfsbegründung (RefE, S. 59). Noch erforderlich seien die Ausgestaltung von Straftatbeständen als potentielle Gefährdungsdelikte (Eignungsdelikte), die Erstreckung von Tatbeständen auf die „Einleitung, Abgabe oder Einbringung von Energie“ (Art. 3[2][a]), die Einbeziehung des „Ökosystems“ (definiert in Art. 2[2] [c]) als Schutzgut, die Schaffung einer Qualifikation für Fälle mit „katastrophalen Auswirkungen“ (Art. 3[3]), zusätzliche Versuchsstrafbarkeiten (Art. 4[2]) und höhere Strafandrohungen (Art. 5). An neuen Straftatbeständen seien durch die Richtlinie vor allem das Inverkehrbringen umweltgefährdender Produkte (Art. 3[2][b]), die Durchführung von umweltverträglichkeitspflichtigen Projekten ohne Genehmigung (Art. 3[2][e]) sowie Handlungen in Bezug auf invasive gebietsfremde Arten von unionsweiter Bedeutung (Art. 3[2][r]) hinzugekommen.
I. Änderungen im StGB
1. Boden, Wasser und Luft
Die Strafbarkeit der Verunreinigung von Boden, Wasser und Luft regelt die RL Umweltstrafrecht einheitlich in ihrem Art. 3(2)(a). Danach ist unter Strafe zu stellen:
„die Einleitung, Abgabe oder Einbringung einer Menge von Materialien oder Stoffen, Energie oder ionisierender Strahlung in die Luft, den Boden oder das Wasser, die den Tod oder eine schwere Körperverletzung von Personen oder erhebliche Schäden hinsichtlich der Luft‑, Boden- oder Wasserqualität oder erhebliche Schäden an einem Ökosystem, Tieren oder Pflanzen verursacht oder dazu geeignet ist, dies zu verursachen“.
Das StGB sieht demgegenüber jeweils unterschiedliche Tatbestände vor. Die Gewässerverunreinigung ist nach § 324 StGB strafbar, der sehr weit formuliert ist und jedwede unbefugte Verunreinigung der in § 330d Abs. 1 Nr. 1 StGB legaldefinierten Gewässer erfasst, ohne dass daraus eine Gefährdung oder Schädigung von Mensch oder Natur folgen muss. Die Bodenverunreinigung findet sich in § 324a StGB und lässt für die Strafbarkeit eine bloße nachteilige Veränderung des Bodens nicht genügen, sondern verlangt zudem, dass die Veränderung durch Einbringen oder Freisetzen von Stoffen herbeigeführt wird und dass die Veränderung entweder einen bedeutenden Umfang erreicht oder geeignet ist, die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert oder ein Gewässer zu schädigen. Die Luftverunreinigung findet sich in § 325 StGB, der gleich fünf Tatbestände mit unterschiedlichen Voraussetzungen enthält. Der Gesetzentwurf hält an dieser Regelungsstruktur fest und nimmt jeweils bei den einzelnen Tatbeständen die nach der Richtlinie erforderlichen Anpassungen vor.
Der weite Straftatbestand der Gewässerverunreinigung (§ 324 StGB) entspricht bereits den Vorgaben von Art. 3(2)(a) RL Umweltstrafrecht. Allerdings muss zur Umsetzung von Art. 3(2)(m) RL Umweltstrafrecht eine neue Tatbestandsvariante des unbefugten Entnehmens von Wasser hinzugefügt werden (§ 324 Abs. 1 S. 2 StGB-E). Nachteilige Veränderungen von Gewässern durch Absenken des Wasserspiegels sind bereits nach geltendem Recht jedenfalls dann strafbar, wenn ein Gewässer trockengelegt und völlig entfernt wird (RefE, S. 64 f.). Die Ergänzung soll klarstellen, dass für die Strafbarkeit auch jede sonstige nachteilige Veränderung durch Wasserentnahme ausreicht (RefE, S. 74).
Der Straftatbestand der Bodenverunreinigung (§ 324a StGB) soll zukünftig nicht nur durch Stoffe verwirklicht werden können, sondern auch durch Geräusche, Erschütterungen, thermische Energie und nichtionisierende Strahlen (§ 324a Abs. 1 StGB-E; für ionisierende Strahlung werden die Richtlinienvorgaben bereits durch Straftatbestand des Freisetzens ionisierender Strahlen gem. § 311 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt [RefE, S. 54]). Außerdem wird in den Tatbestand das „Ökosystem“ als weiteres Schutzgut neben Gesundheit, Sachen, Tieren, Pflanzen, Gewässern und Luft aufgenommen. Nach der geplanten Legaldefinition in § 330d Abs. 1 Nr. 2 StGB-E ist ein Ökosystem „ein ökologisch bedeutendes, komplexes, dynamisches Wirkungsgefüge von Pflanzen‑, Tier- und Mikroorganismengemeinschaften und ihrer abiotischen Umwelt in einer funktionellen Einheit, die Lebensraumtypen, Lebensräume von Arten und Artenpopulationen umfasst.“ Das Merkmal „ökologisch bedeutsam“ soll verdeutlichen, dass kleinere Einheiten, wie z.B. ein Bienenstock, ein Ameisenhaufen oder ein Baumstumpf, für sich alleine noch kein eigenständiges Ökosystem darstellen (RefE, S. 84).
Das Merkmal „Ökosystem“ wird im StGB außerdem aufgenommen in § 309 Abs. 6 Nr. 4, § 311 Abs. 1, 3 Nr. 1, § 324a Abs. 1 Nr. 1, § 325 Abs. 1 Nr. 3, § 325a Abs. 2, § 326 Abs. 1, Nr. 4 Buchst. b, Abs. 6, § 327 Abs. 2, § 27a, § 328 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 330 Abs. 2, § 330d Abs. 2 StGB-E (RefE, S. 54). Im Nebenstrafrecht findet sich das Merkmal zukünftig in: § 69 Abs. 6 Nr. 1, § 69b Abs. 5 Nr. 1, § 69c Abs. 1, 3 BNatSchG-E, § 38 Abs. 4 Nr. 1 BJagdG, § 68 Abs. 7 Nr. 1, § 68a Abs. 2, 4 Nr. 1 Pflanzenschutzgesetz-E, § 27 Abs. 2, § 27c Abs. 2, § 27f Abs. 1 Nr. 1 Chemikaliengesetz.
Wesentliche Änderungen soll der Tatbestand der Luftverunreinigung (§ 325 StGB) erfahren. Die bisherige Unterscheidung zwischen Luftveränderungen beim Betrieb einer Anlage (Abs. 1, 2 StGB) und der sonstigen Schadstofffreisetzung (Abs. 3) soll ebenso entfallen wie die Anknüpfung an und die Definition von Schadstoffen (Abs. 2, 3, 6) und das Fahrzeugprivileg (Abs. 7), was die Regelung erheblich vereinfacht und dem Vorbild der §§ 324, 324a StGB folgt (RefE, S. 75). Der neue Verunreinigungstatbestand hat folgenden Wortlaut:
§ 325 Luftverunreinigung (1) Wer unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Veränderungen der Luft in bedeutendem Umfang verursacht, die geeignet sind,
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1. die Gesundheit eines anderen oder Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen,
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2. nachhaltig ein Gewässer, die Luft oder den Boden zu verunreinigen oder sonst nachteilig zu verändern oder
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3. erhebliche Schäden an Tieren, Pflanzen oder einem Ökosystem herbeizuführen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Handelt der Täter leichtfertig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
Die Formulierung „Veränderungen der Luft verursacht“ erfasst sämtliche von der Richtlinie vorgegebene Schädigungshandlungen einschließlich der Einbringung von Energie (RefE, S. 75). Das Merkmal „nachhaltig“ bringt zum Ausdruck, dass die Veränderung einen erheblichen Umfang haben und für längere Zeit anhalten muss (RefE, S. 75). Die Strafandrohung soll bei Vorsatztaten (Abs. 1) einheitlich auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe lauten, während sie bei dem nicht-anlagenbezogenem Straftatbestand des geltenden § 325 Abs. 3 StGB nur drei Jahre oder Geldstrafe beträgt. Statt der Fahrlässigkeit ist nur noch die Leichtfertigkeit strafbar, was mit der Ausweitung des Tatbestands begründet wird (RefE, S. 76). Zum Wegfall des Fahrzeugprivilegs (§ 325 Abs. 7 StGB) s. sogleich unter 2.
2. Inverkehrbringen von Erzeugnissen/Produkthaftungstatbestand
Nach Art. 3(2)(b) RL Umweltstrafrecht ist das rechtswidrige Inverkehrbringen von Erzeugnissen unter Strafe zu stellen, wenn deren Verwendung im großen Umfang zu einer Einwirkung auf Luft, Boden oder Wasser führt und dadurch Menschen oder der Umwelt schaden kann. Die Regelung dürfte insbesondere die in dem Kommissionsvorschlag (BR‑Drucks. 27/22, 7) erwähnten „schwerwiegenden Verstöße gegen Verbote der Verwendung von Abschaltvorrichtungen“ („Diesel-Fälle“) im Blick haben, bei denen nicht schon die Abgase eines einzelnen Autos zu einer erheblichen Schädigung führen, wohl aber die Abgase der Masse der in den Verkehr gebrachten Fahrzeuge. Im Richtlinientatbestand heißt es dementsprechend ausdrücklich, dass die Verwendung in größerem Umfang „die Verwendung des Erzeugnisses von mehreren Nutzern ungeachtet ihrer Anzahl“ meint.
Nach dem objektiven Tatbestand des Art. 2(2)(b) RL Umweltstrafrecht muss die Strafbarkeit nicht schon mit dem Inverkehrbringen eines potentiell schädlichen Erzeugnisses einsetzen, sondern erst dann, wenn es durch die anschließende Verwendung des Erzeugnisses tatsächlich zu Einwirkungen auf Luft, Boden oder Wasser gekommen ist, die Mensch oder Natur gefährden. Der RefE will daher zur Umsetzung die bestehenden und jetzt anzupassenden Tatbestände der Wasser-, Boden- und Luftverunreinigung (§§ 324, 324a, 325 StGB) heranziehen und keinen eigenen strafrechtlichen Produkthaftungstatbestand schaffen (RefE, S. 55). Der Straftatbestand der Gewässerverunreinigung (§ 324 StGB) erfasst bereits sämtliche denkbaren Möglichkeiten, Gewässereigenschaften nachteilig zu verändern, also auch durch das Inverkehrbringen und Verwenden von Erzeugnissen (RefE, S. 55). Dies gilt entsprechend für die Bodenverunreinigung (§ 324a StGB-E; RefE, S. 55). Der neue Luftverunreinigungstatbestand (§ 325 StGB-E) pönalisiert zukünftig Luftveränderungen in bedeutendem Umfang, zu denen es auch durch das zahlreiche Inverkehrbringen und Verwenden von Erzeugnissen kommen kann (RefE, S. 55).
Nach dem geltenden § 325 StGB würde bei dem Inverkehrbringen bspw. von Autos allerdings eine Strafbarkeit nach dem anlagenbezogenen Tatbestand des Abs. 1 an Abs. 7 scheitern, da danach der anlagenbezogene Tatbestand des § 325 Abs. 1 StGB für Fahrzeuge von vornherein nicht anwendbar ist. Für den bisherigen zweiten anlagenbezogenen Tatbestand (§ 325 Abs. 2 StGB) gilt dieses Fahrzeugprivileg zwar nicht. Der Tatbestand setzt aber einen Schadstoffausstoß beim Betrieb „einer“ Anlage voraus, lässt also das Zusammenwirken mehrerer Anlagen nicht genügen. Der bisherige subsidiäre Tatbestand des § 325 Abs. 3 StGB soll auf Luftverunreinigungen durch Autos wiederum nicht anwendbar sein, da es sich bei Fahrzeugen um Anlagen im Sinne des bisherigen Abs. 2 handelt (BT‑Drucks. 17/5391, 17) und damit Abs. 1 bzw. 2 vorgehen (BT‑Drucks. 17/5391, 17; strittig, vgl. LK/StGB/Heghmanns 13. Aufl., § 325 Rz. 51; Pfohl in Kloepfer/Heger, das Umweltstrafgesetzbuch nach dem 54. Strafrechtsänderungsgesetz, 2015, S. 65, 67 f.). Daher soll nach dem Gesetzentwurf das Fahrzeugprivileg gestrichen werden. Für Autofahrer bringt dies keine Verschärfung, da die Strafbarkeit zum einen eine Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten voraussetzt (woran es bei einer gültigen Betriebserlaubnis fehlt) und sie zum anderen eine Veränderung der Luft in bedeutendem Umfang verlangt, zu der es durch Abgase eines einzelnen Autos nicht kommen kann (RefE, S. 55 f.).
3. Geräusche, Erschütterungen, thermische Energie und nichtionisierende Strahlen
Der Gesetzentwurf ändert im Einklang mit der RL Umweltstrafrecht auch § 325a StGB. Abs. 1 der Vorschrift bleibt unverändert, während der erweiterte Abs. 2 es unter Strafe stellt, wenn beim Betrieb einer Anlage Geräusche, Erschütterungen, thermische Energie oder nichtionisierende Strahlen verursacht werden. Die Vorschrift wird zu einem Eignungsdelikt umgestaltet, das dem Schutz der Umwelt (einschließlich Ökosysteme) vor Energie in vielfacher Form dient (RefE., S. 77). Es wird eine Versuchsstrafbarkeit eingeführt und die Strafandrohung wird auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe erhöht. Der Anlagenbezug soll beibehalten werden, da die einschlägigen umweltgefährdenden oder -schädigenden Tathandlungen ohne Nutzung von (weit zu verstehenden) Anlagen nicht vorstellbar seien (RefE, S. 76). Das Fahrzeugprivileg (§ 325a Abs. 4 StGB) soll demgegenüber wie bei § 325 StGB-E gestrichen werden.
4. Abfälle
Bei § 326 StGB (Unerlaubter Umgang mit Abfällen) sieht der Gesetzentwurf nur kleinere Korrekturen vor (RefE, S. 77). Bei der Tatbestandsvariante des § 326 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b StGB soll entsprechend Art. 3(2)(f)(ii) RL Umweltstrafrecht das einschränkende Merkmal gestrichen werden, dass die Abfälle geeignet sein müssen, „einen Bestand von Tieren oder Pflanzen“ zu gefährden (RefE, S. 77). Mit § 326 Abs. 2 StGB-E will der Entwurf eine neue, einheitliche Strafbarkeit für die Abfallverbringung schaffen und Art. 3(2)(g) RL Umweltstrafrecht umsetzen (RefE, S. 77). Anpassungen beim Strafrahmen (Abs. 3, 5) sind ebenso erforderlich wie die Schaffung einer Versuchsstrafbarkeit (Abs. 3). Gestrichen wird außerdem das Merkmal „wegen der geringen Menge der Abfälle“ in Abs. 6, da es für den Strafbarkeitsausschluss auf die Umweltschädlichkeit ankomme, die sich nicht nur aus der Menge, sondern auch aus Art und Beschaffenheit des Abfalls ergeben könne (RefE, S. 78).
5. Betreiben von Anlagen und Ausführen von Vorhaben
Der Straftatbestand des Unerlaubten Betreibens von Anlagen (§ 327 StGB) entspricht den Richtlinienvorgaben (Art. 3[2][j]) schon weitgehend (RefE, S. 79). Sein Abs. 2 soll aber in ein Eignungsdelikt umgeformt werden, so dass Schäden nicht eintreten müssen, sondern die Tathandlung lediglich dazu geeignet sein muss, erhebliche Schäden hervorzurufen. Der Strafrahmen des Abs. 2 wird zudem von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren erhöht und in Abs. 3 wird eine Versuchsstrafbarkeit eingeführt.
Mit § 327a StGB-E wird ein neuer Tatbestand eingeführt, der der Umsetzung von Art. 3(3)(e)(k) RL Umweltstrafrecht dient und folgenden Wortlaut haben soll:
§ 327a Unerlaubte Ausführung von Vorhaben Wer ein genehmigungsbedürftiges Vorhaben, für das nach
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1. dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
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2. der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
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3. den landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder zu einer Vorprüfung zur Feststellung der Pflicht zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, ohne die erforderliche Genehmigung oder Planfeststellung oder einen Verwaltungsakt, der den vorzeitigen Beginn des Vorhabens erlaubt, oder entgegen einer vollziehbaren Untersagung in einer Weise ausführt, die geeignet ist, erhebliche Schäden an Tieren, Pflanzen, einem Gewässer, der Luft, dem Boden oder einem Ökosystem herbeizuführen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Strafbar ist danach die „Ausführung“ von UVP-pflichtigen Vorhaben bei Fehlen von Genehmigung und UVP. Zum Ausführen gehört nicht nur das Betreiben, sondern auch bereits das Errichten etwa einer Anlage, wobei aber stets eine Schädigungseignung hinzukommen muss (RefE, S. 58 unter Hinweis auf die kritische BR-Stellungnahme auf BT‑Drucks. 27/22, 3 f.). Die Begründung hebt zudem hervor, dass kein Strafbarkeitsrisiko für die Träger von Verkehrsinfrastrukturen sowie die in ihrem Auftrag Handelnden bestehe, wenn sie Vorhaben entsprechend fachrechtlicher Vorschriften genehmigungsfrei planen und durchführen (RefE, S. 80 unter Verweis auf §§ 4, 17 Fernstraßengesetz).
6. Schutzbedürftige Gebiete
Nach § 329 StGB soll zukünftig nicht nur die Schädigung von bestimmten Lebensräumen (§ 330 Abs. 1 Nr. 3 StGB-E) strafbar sein, sondern auch die Störung von bestimmten Tierarten, die für das Schutzgebiet von erheblicher Bedeutung sind (§ 329 Abs. 4 Nr. 2 StGB-E).
7. Qualifikationstatbestand
Nach Art. 3(3) RL Umweltstrafrecht müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass eine vorsätzlich begangene Richtlinienstraftat eine „qualifizierte Straftat“ darstellt, wenn die Folgen katastrophale Ausmaße annehmen und mit einem Ökozid vergleichbar sind (Erwägungsgrund 21; zu den Strafandrohungen s. auch den JuMiKo-Beschluss von 2023 „Angemessene Ahndung besonders schwerer Fälle von Umweltstraftaten“). Zur Umsetzung soll der in § 330 Abs. 2 StGB bereits vorhandene Qualifikationstatbestand ausgebaut werden und folgenden Wortlaut erhalten:
(2) Wer durch eine vorsätzliche Tat nach den §§ 324 bis 329
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1. ein Ökosystem von beträchtlicher Größe oder beträchtlichem ökologischen Wert oder einen Lebensraum innerhalb eines geschützten Gebiets zerstört oder derart weitreichend und erheblich schädigt, dass die Schädigung nicht oder erst nach langer Zeit beseitigt werden kann,
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2. ein Gewässer, den Boden oder die Luft derart weitreichend und erheblich schädigt, dass die Schädigung nicht oder erst nach langer Zeit beseitigt werden kann, oder
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3. einen anderen Menschen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder eine große Zahl von Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt,
wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.
II. Änderungen im Nebenstrafrecht
Im Nebenstrafrecht sind zahlreiche Änderungen erforderlich. So sind neue Straftatbestände zu schaffen (etwa zu invasiven Arten in § 69c BNatschG-E), Bewehrungslücken zu schließen und Delikte als Eignungsdelikte auszugestalten. Außerdem braucht es auch im Nebenstrafrecht Qualifikationstatbestände für Umweltstraftaten, die katastrophale Auswirkungen auf die Umwelt haben. Geändert werden folgenden Gesetze: Bundesnaturschutzgesetz (Art. 3), Bundesjagdgesetz (Art. 4), Bundeswildschutzverordnung (Art. 5), Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Art. 6), Abfallverbringungsgesetz (Art. 7), Pflanzenschutzgesetz (Art. 8), Chemikaliengesetz (Art. 9), Chemikalien-Sanktionsverordnung (Art. 10), Chemikalien-Ozonschichtverordnung (Art. 11), Chemikalien-Klimaschutzverordnung (Art. 12), Chemikalien-Verbotsverordnung (Art. 13) und Biozidrechts-Durchführungsverordnung (Art. 14).
Noch nicht umgesetzt werden soll Art. 3(2)(p) RL Umweltstrafrecht. Nach der Vorschrift sind Verstöße gegen Art. 3 der Entwaldungsverordnung (Verordnung [EU] 2023/115) unter Strafe zu stellen. Strafbar ist danach das Inverkehrbringen von Rohstoffen und Erzeugnissen, wenn diese nicht „entwaldungsfrei“ sind (also auf entwaldeten Flächen erzeugt wurden), bei ihrer Herstellung gegen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes (einschließlich Korruptionsbekämpfungsvorschriften) verstoßen wurde oder für sie keine Sorgfaltserklärung vorliegt. Es muss eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren auch schon dann vorgesehen werden, wenn Rohstoffe oder Erzeugnisse in den Verkehr gebracht werden und dabei vorsätzlich (nur) gegen die Pflicht zum Nachweis der Entwaldungsfreiheit verstoßen wird (Art. 5[2][d] RL Umweltstrafrecht). Die Geltung des Art. 3 Entwaldungsverordnung hat allerdings noch nicht begonnen und es ist derzeit ungewiss, wann dies der Fall sein wird. Die Umsetzung der zugehörigen Strafbewehrung soll daher einem gesonderten Vorhaben vorbehalten bleiben (RefE, S. 66).
III. Verwaltungsakzessorietät
Die RL Umweltstrafrecht hält an der Verwaltungsakzessorietät des Umweltstrafrechts fest. Sie verlangt eine Strafbarkeit also nur für Handlungen, die gegen EU‑Umweltrecht oder darauf beruhende nationale Regelungen bzw. Behördenentscheidungen verstoßen und damit „rechtswidrig“ (Art. 3 [1] RL Umweltstrafrecht) sind. Anders als bei der alten Richtlinie aus dem Jahr 2008 gilt die Verwaltungsakzessorietät aber nicht ausnahmslos, sondern wird in bestimmten Fällen durchbrochen. So kann sich der Täter nicht darauf berufen, dass er eine umweltrechtliche Genehmigung für seine Tätigkeit hatte, wenn die Genehmigung auf betrügerische Weise oder durch Korruption, Erpressung oder Zwang erlangt wurde. Dem entspricht im geltenden Recht bereits § 330d Abs. 1 Nr. 5 StGB (künftig § 330d Abs. 1 Nr. 7 StGB-E). Der RefE will zur Richtlinienumsetzung Verweise auf § 330d Abs. 1 Nr. 7 StGB-E in § 69b Abs. 9 BNatschG-E sowie in Art. 12 S. 1 des Ausführungsgesetzes Seerechtsübereinkommen (Art. 15 Abs. 18 RefE) aufnehmen (RefE, S. 51). Ähnliche Regelungen finden sich bereits auch in § 18 Abs. 9 AWG, § 95 Abs. 6 AufenthaltG.
Nicht ausdrücklich Gegenstand von § 330d Abs. 1 Nr. 7 StGB-E ist allerdings die von der RL Umweltstrafrecht ebenfalls geforderte strafrechtliche Unbeachtlichkeit einer Genehmigung bei einem offensichtlichen Verstoß gegen einschlägige materiellrechtliche Voraussetzungen. Der RefE verweist insoweit auf § 44 Abs. 1 VwVfG, wonach ein Verwaltungsakt nichtig ist, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Einer gesonderten Umsetzung im Strafrecht bedürfe es daher nicht (RefE, S. 51; ähnlich Heghmanns, ZfIStW 2025, 260; a.A. Sina, Die Umsetzung der „Ökozid“-Regelung der überarbeiteten Umweltstrafrechts-Richtlinie in deutsches Recht, 2025, S. 9 ff.).
IV. Verbandsgeldbuße
Bei juristischen Personen gibt die RL Umweltstrafrecht ein Mindesthöchstmaß für die Sanktionen vor (Art. 7). Sie lässt den Mitgliedstaaten dabei die Wahl, ob sie als Höchstmaß einen festen Geldbetrag vorsehen oder ob sie das Höchstmaß umsatzbezogen festlegen. Der Mindesthöchstbetrag liegt bei 40 bzw. 24 Millionen Euro und der Mindestumsatzbruchteil bei 3 % bzw. 5 % (Art. 7[3]). Das deutsche Recht folgt bei der Verantwortlichkeit von juristischen Personen und Personenvereinigungen wegen Straftaten traditionell dem Festbetragsansatz (anders dagegen bei der Verantwortlichkeit wegen Ordnungswidrigkeiten, wo bereits vielfach umsatzbezogene Geldbußen angedroht sind). Der Entwurf will daran festhalten und § 30 Abs. 2 S. 1 OWiG folgenden neuen Wortlaut geben:
Das Höchstmaß der Geldbuße beträgt
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1. im Falle einer vorsätzlichen Straftat vierzig Millionen Euro und
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2. im Falle einer fahrlässigen Straftat zwanzig Millionen Euro.
Die Regelung würde für sämtliche Straftaten von Leitungspersonen gelten, also nicht nur für die Umweltstraftaten nach der Richtlinie, und sie würde nicht entsprechend der Schwere der Straftat zwischen Höchstgeldbußen von 40 bzw. 24 Mio. Euro differenzieren. Die Begründung verweist darauf, dass es auch in anderen Bereichen des Strafrechts bereits entsprechende EU‑Vorgaben gebe (z.B. Art. 7[2][b] Richtlinie [EU] 2024/1226 zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union) und in Zukunft mit weiteren zu rechnen sei (RefE, S. 85; zu den entsprechenden Vorgaben in der geplanten RL Korruptionsbekämpfung s. Busch, wistra 2024, Register S. 57 ff.). Die Anhebung des Höchstbetrags für sämtliche Straftaten solle Wertungswidersprüche und eine Zerfaserung des Sanktionsrahmens vermeiden. Für eine solche Anhebung spreche auch der JuMiKo-Beschluss vom 25./26.5.2023, der die Auffassung vertrete, dass das geltende Recht für die Bekämpfung von Unternehmenskriminalität nicht in jeder Hinsicht ausreiche und damit im Grundsatz einen Bedarf für die Ausweitung der Sanktionsmöglichkeiten anerkenne. Weiter habe auch die OECD-Arbeitsgruppe für Auslandsbestechungsfragen (OECD-WGB) Deutschland bereits im Jahr 2018 eine umfassende Reform der Unternehmenssanktionen einschließlich der Erhöhung des Höchstmaßes der Verbandsgeldbuße empfohlen (s. dazu Burkhart / Busch, wistra 2022, 189).
Angehoben (von fünf auf zwanzig Mio. Euro) wird auch die Verbandsgeldbuße für fahrlässige Straftaten von Leitungspersonen, was mit dem Rechtsgedanken des § 17 Abs. 2 OWiG begründet wird (RefE, S. 86). Unverändert bleibt die Verbandsgeldbuße dagegen im Falle einer zu einer Straftat führenden Aufsichtspflichtverletzung (§ 130 OWiG). Sie beträgt wie bisher zehn Millionen Euro bei vorsätzlichen Aufsichtspflichtverletzung bzw. fünf Millionen Euro bei fahrlässiger Aufsichtspflichtverletzung (§ 130 Abs. 3 S. 1, 2, § 30 Abs. 2 S. 3, § 17 Abs. 2 OWiG). Eine Anhebung ist von der RL Umweltstrafrecht nicht vorgegeben, da sich ihre Vorgaben zur Verbandsgeldbuße in Art. 7(3) nur auf Straftaten von Leitungsperson beziehen (Art. 6[1] RL Umweltstrafrecht).
Art. 7(4) RL Umweltstrafrecht verlangt außerdem strengere strafrechtliche oder nichtstrafrechtliche Sanktionen und Maßnahmen für die besonders schweren Straftaten nach Art. 3(3) RL Umweltstrafrecht. Umsetzungsbedarf besteht nicht, da in diesen Fällen über die Verbandsgeldbuße hinaus bereits heute auch ein Vergabeausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 1, 3 GWB zulässig ist (RefE, S. 69).
Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJV) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.
