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Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft getreten

Aus wistra 7/2023

Materialien: Regierungsentwurf (BT-Drucks. 20/3442), Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats (BT-Drucks. 20/3709), Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 20/4909), Bundesratsbeschluss über Versagung der Zustimmung (BR-Drucks. 20/23[B]); Beschlussempfehlung Vermittlungsausschuss (BT-Drucks. 20/6700); Protokollerklärung/Begleiterklärung der Bundesregierung zum Vermittlungsverfahren (BT-Plenarprotokoll 20/103, S. 12558A-12558B; BR-Plenarprotokoll 1033, S. 153).

Zum Referenten- bzw. Regierungsentwurf s. Busch, wistra 2022, Register S. 45; wistra 2022, Register S. 61; zu den Gesetzentwürfen der Koalitionsfraktionen s. Busch, wistra 2023, Heft 4 R8.

Nach einem Vermittlungsverfahren ist das „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“, am 3.6.2023 in Kraft getreten (BGBl. I 2023, Nr. 140, S. 1). Das darin geschaffene neue Stammgesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG) ist am 2.7.2023 in Kraft getreten. Nach dem HinSchG müssen Unternehmen und Behörden Meldestellen einrichten und mit kompetenten und bei seiner Tätigkeit unabhängigem Personal besetzen. Wer seinen Hinweis an eine externe Stelle richten möchte, soll das in Zukunft bei einer zentralen Anlaufstelle tun können, die dafür beim Bundesamt für Justiz als „one-stop-shop“ geschaffen wird.

Das vom Deutschen Bundestag am 16.12.2022 beschlossene Gesetz (BT-Drucks. 20/3442, BT-Drucks. 20/4909) war zunächst gescheitert, nachdem der Bundesrat ihm bei seiner Sitzung am 10.2.2023 die Zustimmung versagt hatte (s. Busch, wistra 2023, Heft 4 R8). Im Vermittlungsverfahren wurden an dem vom Bundestag beschlossenen und nunmehr in Kraft getretenen Gesetz insbesondere folgende Änderungen vorgenommen (Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-Drucks. 20/6700):

  • In § 3 II HinschG (Begriffsbestimmungen) wird geregelt, dass Handlungen auch als Verstöße gelten können, wenn sie dem Ziel oder dem Zweck von einschlägigen Regelungen zuwiderlaufen und – so die Änderung – missbräuchlich sind (Beschlussempfehlung Nr. 1 Buchst. a aa).
  • § 3 III HinSchG (Begriffsbestimmungen) wurde dahingehend ergänzt, dass es sich um Informationen über Verstöße „bei dem Beschäftigungsgeber, bei dem die hinweisgebende Person tätig ist oder war, oder bei einer anderen Stelle, mit der die hinweisgebende Person aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit im Kontakt steht oder stand,“ handeln muss. Unter das Gesetz fallen danach nur Meldungen von Verstößen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit (Beschlussempfehlung Nr. 1 Buchst. a bb).
  • § 7 I 1 HinSchG (Wahlrecht zwischen interner und externer Meldung) sieht nunmehr vor, dass meldende „Personen in den Fällen, in denen intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und sie keine Repressalien befürchten, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen [sollten]“ (Beschlussempfehlung Nr. 1 Buchst. b).
  • Nach § 11 V 2 HinSchG (Dokumentation der Meldungen) kann die „Dokumentation ... länger [als die in Absatz 5 Satz 1 vorgesehenen drei Jahre] aufbewahrt werden, um die Anforderungen nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften zu erfüllen, solange dies erforderlich und verhältnismäßig ist“ (Beschlussempfehlung Nr. 1 Buchst. c).
  • In § 16 I HinSchG (Meldekanäle für interne Meldestellen) und § 27 I HinSchG (Meldekanäle für externe Meldestellen) wird jeweils geregelt, dass auch anonym eingehende Meldungen zu bearbeiten sind, aber keine Verpflichtung mehr vorgesehen ist, die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen (Beschlussempfehlung Nr. 1 Buchst. d, g; zur Evaluierung der Regelung s. die Protokollerklärung/Begleiterklärung der Bundesregierung zum Vermittlungsverfahren [BT-Plenarprotokoll 20/103, S. 12558A-12558B; BR-Plenarprotokoll 1033, S. 153]).
  • In § 36 II 1 HinSchG (Verbot von Repressalien; Beweislastumkehr) wurde eingefügt, dass die hinweisgebende Person für die Beweislastumkehr geltend machen muss, dass sie eine Benachteiligung infolge einer Meldung oder Offenlegung nach dem HinSchG erlitten hat (Beschlussempfehlung Nr. 1 Buchst. h).
  • Die Regelung in § 37 I 2 HinSchG , dass die hinweisgebende Person wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen kann, wurde gestrichen (Beschlussempfehlung Nr. 1 Buchst. i).
  • Die angedrohte Geldbuße wegen (versuchter) Behinderung von Meldungen/Kommunikation (§ 40 II Nr. 1, V HinschG), (versuchten) unzulässigen Repressalien (§ 40 II Nr. 3, V HinSchG) sowie Vertraulichkeitsverstößen (§ 40 III HinSchG) wird von 100.000 € auf 50.000 € reduziert (§ 40 VI 1 HinSchG; Beschlussempfehlung Nr. 1 Buchst. j). Die Bußgeldbewehrung für das Unterlassen der Einrichtung einer internen Meldestelle (§ 40 II Nr. 2 HinSchG) gilt nach der Übergangsregelung des § 42 II HinSchG erst ab dem 1.12.2023 (Beschlussempfehlung Nr. 1 Buchst. k).
  • Das Inkrafttreten (Art. 10) wurde von drei Monaten auf einen Monat nach der Verkündung vorgezogen (Beschlussempfehlung Nr. 6).

Zum Hinweisgeberschutz s. auch den in Heft 8/2023 erscheinenden Aufsatz von Gramlich / Lütke.

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.


Verlag C.F. Müller

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