aus wistra 11/2025
Im Bundestag wurde der Jahresbericht 2024 betreffend die externe Meldestelle des Bundes veröffentlicht (BT‑Drucks. 21/1530). Die Meldestelle ist beim Bundesamt für Justiz (BfJ) angesiedelt, nimmt ihre Aufgaben jedoch unabhängig von den sonstigen Aufgaben des BfJ wahr. Sie arbeitet auf Grundlage der Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, und des in Umsetzung der Richtlinie geschaffenen Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG). Mit Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes am 2.7.2023 hat auch die externe Meldestelle des Bundes ihre Arbeit aufgenommen. 2024 ist daher das erste vollständige Kalenderjahr der Tätigkeit der externen Meldestelle des Bundes.
Einleitend heißt es:
„Das Jahr 2024 war wesentlich geprägt von einem hohen und auf hohem Niveau steigenden Meldungsaufkommen sowie von der Einführung des anonymen Kommunikationskanals zum 1. Juli 2024. Der anonyme Kommunikationskanal – ein besonderer Meilenstein in der Arbeit der externen Meldestelle des Bundes – hat erhebliche Erleichterungen in der anonymen Kommunikation zwischen der Meldestelle und den hinweisgebenden Personen mit sich gebracht. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten hinweisgebende Personen Meldungen zwar auch anonym abgeben, allerdings stand für die weitere Kommunikation keine Online-Plattform zur Verfügung. Der neue Meldekanal ermöglicht hingegen nicht nur die Entgegennahme von Hinweisen, sondern als „Rückkanal“ auch die weitere Kommunikation mit hinweisgebenden Personen – unabhängig davon, ob diese anonym bleiben möchten oder nicht. Damit wird es hinweisgebenden Personen erheblich erleichtert, in einen Austausch mit der externen Meldestelle des Bundes zu treten. Dies ist ein entscheidender Schritt, um die Hemmschwelle für die Meldung von Missständen weiter zu senken und den Schutz von Whistleblowern sicherzustellen. Eine Neuerung, die sich bewährt hat: Über 90 Prozent der Meldungen gehen über den neuen Meldekanal ein. Auch die Zahl der eingegangenen Meldungen hat im Jahr 2024 deutlich zugenommen: Insgesamt erreichten die Meldestelle 1.802 Meldungen. Insbesondere seit September 2024 verzeichnete die externe Meldestelle des Bundes einen markanten Anstieg der Meldungen, was das wachsende Vertrauen in die Meldestelle und das zunehmende Bewusstsein für die Bedeutung des Hinweisgeberschutzes widerspiegelt. Parallel dazu nahmen auch die Beratungsvorgänge stark zu. Dies unterstreicht die immer wichtiger werdende Beratungsfunktion der Meldestelle für potentielle hinweisgebende Personen.“
Zu den Abläufen wird ausgeführt:
„Der Eingang der Meldung wird umgehend, spätestens sieben Tage nach Eingang der Meldung, bestätigt. Eine Eingangsbestätigung erfolgt nicht, wenn die hinweisgebende Person ausdrücklich darauf verzichtet oder wenn hinreichender Grund zu der Annahme besteht, dass die Eingangsbestätigung den Schutz der Identität der hinweisgebenden Person beeinträchtigen würde. Nach § 28 Absatz 4 HinSchG erhält die hinweisgebende Person auf ihre Meldung hin innerhalb einer angemessenen Zeit eine Rückmeldung. Diese erfolgt spätestens nach drei Monaten. In Fällen, in denen die Bearbeitung umfangreich ist, beträgt diese Frist sechs Monate. Die externe Meldestelle des Bundes überprüft die eingegangene Meldung daraufhin, ob der persönliche Anwendungsbereich nach § 1 HinSchG eröffnet ist und ob der gemeldete Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich nach § 2 HinSchG fällt. Ist der Anwendungsbereich eröffnet und greifen keine Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Gesetzes nach § 5 HinSchG, so prüft die externe Meldestelle des Bundes, ob die Meldung stichhaltig ist, d. h. ob sie ausreichend Anhaltspunkte und Möglichkeiten für Untersuchungen bietet. Anschließend ergreift sie angemessene Maßnahmen nach § 29 HinSchG, sogenannte Folgemaßnahmen. Eine mögliche Folgemaßnahme ist die Abgabe des Verfahrens an eine zuständige Behörde. So können Informationen über Missstände – zum Schutz der Identität der betroffenen Personen in der Regel zunächst in anonymisierter Form – an diese Behörden übermittelt werden, damit diese in eigener Zuständigkeit Verstöße untersuchen und verfolgen können. Bei Hinweisen auf eine Straftat kommt z. B. die Abgabe des Verfahrens an eine zuständige Staatsanwaltschaft in Betracht; bei Arbeitsschutzverstößen die Abgabe an eine Arbeitsschutzbehörde. Eine weitere mögliche Folgemaßnahme ist die Kontaktaufnahme mit dem von der Meldung betroffenen Unternehmen oder mit der von der Meldung betroffenen Behörde. Welche Informationen in welcher Weise an welche Stelle abgegeben werden, wird in der Regel im Rahmen der Rückmeldung nach § 28 Absatz 4 Satz 1 HinSchG mit den hinweisgebenden Personen abgestimmt. Mitunter wird auch parallel oder gestaffelt an mehrere Stellen abgegeben, etwa, weil mehrere Verstöße gemeldet werden. Auch im weiteren Verfahren findet ein engmaschiger Austausch statt, sofern dies von der hinweisgebenden Person gewünscht und ermöglicht wird und dies im konkreten Einzelfall sinnvoll und erforderlich ist: Rückfragen der untersuchenden Behörde werden an die hinweisgebende Person weitergegeben und diese wird bei der Beantwortung beraten und unterstützt. Eine große Herausforderung ist der Umgang mit Meldungen, wenn hinweisgebende Personen zwar eine Meldung abgeben, dann aber keine weitere Kommunikation ermöglichen oder die erhaltenen Informationen im elektronischen Kommunikationskanal nicht abrufen. In diesen Fällen können Informationen, die gegebenenfalls Rückschlüsse auf die Identität der hinweisgebenden Person zulassen, nicht identifiziert und das weitere Vorgehen nicht abgestimmt werden. Derartige Meldungen können aufgrund des Vertraulichkeitsschutzes häufig nicht an andere Stellen abgegeben werden. Ein an eine andere Stelle abgegebenes Verfahren wird in der externen Meldestelle des Bundes erst dann abgeschlossen (§ 31 HinSchG), wenn die Untersuchungen bei der zuständigen Stelle beendet sind, keine weitere Folgemaßnahme in Frage kommt und der hinweisgebenden Person das Ergebnis der durch die Meldung ausgelösten Untersuchungen mitgeteilt wurde, soweit dies mit gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten vereinbar ist.“
Im Laufe des Jahres 2024 sind insgesamt 1.802 Meldungen eingegangen. In diesem Zeitraum wurden in 23 Verfahren interne Untersuchungen bei den betroffenen Unternehmen oder Behörden eingeleitet. 143 Verfahren wurden an eine sonstige zuständige Behörde, wie z.B. Arbeitsschutz‑, Datenschutz‑, Steuer‑, Aufsichts‑, Zoll- und Umweltbehörden, abgegeben.
Personen, die in Erwägung ziehen, eine Meldung zu erstatten oder sonstige Fragen zur Arbeit der externen Meldestelle des Bundes haben, können sich per Post, per E‑Mail, über das Online-Formular und telefonisch über die Hotline an die externe Meldestelle wenden. Für telefonische Beratungen potentieller Hinweisgeber bietet die externe Meldestelle des Bundes von Montag bis Freitag eine telefonische Hotline an. Insgesamt sind im Jahr 2024 814 Beratungsanfragen eingegangen.
Die externe Meldestelle arbeitet auf nationaler Ebene eng mit den beiden anderen externen Meldestellen des Bundeskartellamts (BKartA) und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zusammen und ist auf europäischer Ebene Mitglied des Netzwerks der europäischen Whistleblowerschutzbehörden (NEIWA). Hier beteiligt sich die externe Meldestelle insbesondere an den Arbeiten zur Zusammenstellung der unterschiedlichen Praktiken der einzelnen Mitgliedstaaten mit dem Ziel, daraus Impulse für Best Practices zu entwickeln.
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin
