aus wistra 8/2025
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 7.7.2025 seinen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung veröffentlicht und den Ländern und Verbänden Gelegenheit zur Stellungnahme bis 15.7.2025 gegeben. Einen gleichnamigen Entwurf hatte die Bundesregierung am 6.11.2024 beschlossen und dem Deutschen Bundestag zugeleitet (BT-Drucks. 20/13956). Der Tag des Kabinettsbeschlusses war zugleich der Tag des Bruchs der damaligen Ampel-Koalition. In der verbleibenden Zeit bis zum vorzeitigen Ende der Legislaturperiode im März 2025 wurde der Regierungsentwurf vom Parlament weder beraten noch beschlossen und fiel der Diskontinuität anheim.
Zu dem neuen Referentenentwurf vom 7.7.2025 haben Stellungnahmen veröffentlicht: BDZ – Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft, Bundesrechtsanwaltskammer (Stellungnahme Nr. 26 vom Juli 2025), Deutscher Anwaltsverein (Stellungnahme Nr. 35/2025), Deutscher Gewerkschaftsbund, Zentralverbande des Deutschen Handwerks e.V. Zu dem vorangegangenen Regierungsentwurf vom 6.11.2024 s. Hütewohl, NJOZ 2025, 417. Zu dem vorangegangenen Referentenentwurf vom 5.9.2024 s. Busch, wistra 2024, Register S. 71. Das BMF hat zu diesem Referentenentwurf auf seiner Website Stellungnahme von folgenden Verbänden veröffentlicht: Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss e.V., Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V., BDZ – Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft, Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks, Bundesverband Paket- und Expresslogistik, Bundesrechtsanwaltskammer, Bundessteuerberaterkammer, Bundesvereinigung Bauwirtschaft, Deutscher Anwaltverein, Deutscher Gewerkschaftsbund, Bundesverband Spedition und Logistik e.V., Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V., Gewerkschaft der Polizei – Bezirk Bundespolizei I Zoll, Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V., Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Bundesweiter Koordinierungskreises gegen Menschenhandel – KOK e.V., tibe.io GmbH, VBuW Nahrungsmittel- und Gastronomiebranche, Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V., Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks.
Der jetzt vorgelegte Referentenentwurf nimmt gleich zu Anfang Bezug auf den aktuellen Koalitionsvertrag, der die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FSK) weiter stärken will (und das gleich an drei Stellen erwähnt) sowie ein härteres Vorgehen gegen Schwarzarbeit anstrebt. Eine bessere digitale Vernetzung solle für effektivere und weniger bürokratische Kontrollen sorgen. Zwischen Sozial‑, Finanz- und Sicherheitsbehörden wollen die Koalitionspartner einen vollständigen Datenaustausch ermöglichen (zur Schwarzarbeitsbekämpfung im Koalitionsvertrag s. Busch, wistra 2025, Heft 5, R8, R10).
Die Entwurfsbegründung betont die negativen Folgen von Schwarzarbeit, die nicht nur zu Wettbewerbsverzerrungen und Einnahmeausfällen führe, sondern auch die Sozial- und Arbeitsordnung sowie den Rechtsstaat untergrabe (RefE, S. 1, 48). Schwarzarbeit habe negative gesamtgesellschaftliche Auswirkungen und ihre Bekämpfung sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe (RefE, S. 1, 48). Der Staat habe dabei einen „Schutzauftrag“, der von der FSK wahrgenommen werde (welche sonstigen Akteure noch an der „gesamtgesellschaftlichen Aufgabe“ mitarbeiten oder mitarbeiten sollten, sagt der Entwurf allerdings nicht). Die FSK überprüfe „letztlich ... auch die Ausgaben der Sozialsysteme“. Werde missbräuchlicher Sozialleistungsbezug aufgedeckt und geahndet, so trage das zur Reduzierung von „Verteilungsungerechtigkeiten“ und der Erhöhung der „Treffsicherheit des Sozialstaates“ bei (RefE, S. 2, 48 f.).
Die Neuregelungen sollen die FSK „zukunftsadäquat“ aufstellen und ihre Arbeit effizienter und wirksamer machen (RefE, S. 1, 48). Die FSK solle sich zu einer „zentralen Prüfungs- und Ermittlungsbehörde“ fortentwickeln und ihre „Aufgabenwahrnehmung ... im Sinne einer qualitativen Verdichtung zielgerichteter, moderner, digitaler und schlagkräftiger“ ausgerichtet werden (RefE, S. 2, 50). Die FSK könne ihr Potential derzeit noch nicht vollständig ausschöpfen, wie insbesondere die Evaluierung des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch von 2019 gezeigt habe, die in der Begründung noch als „zurzeit laufend“ bezeichnet wird (RefE, S. 2), aber bereits fertiggestellt und veröffentlicht ist (s. BT-Drucks. 20/13850). Grund dafür seien der „noch ausstehende Personalzulauf“ und „rechtliche Anpassungsbedarfe“ (RefE, S. 2, 49). Das „bisher zugelaufene und künftig zulaufende Personal“ werde „zwangsläufig die verbesserten und geänderten Prüf- und Ermittlungsbefugnisse nach diesem Gesetz anwenden“ (RefE, S. 6).
Das umfangreiche Mantelgesetz sieht Änderungen des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (Art. 1), der Strafprozessordnung (Art. 2), der Abgabenordnung (Art. 3), des Umsatzsteuergesetzes (Art. 4), des Wettbewerbsregistergesetzes (Art. 5), des Mindestlohngesetzes (Art. 6), des Arbeitsschutzgesetzes (Art. 7), des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (Art. 8), des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (Art. 9), des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (Art. 10), des Ersten, Vierten und Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Art. 11 bis 13), des Bundeskriminalamtgesetzes (Art. 14), des Zollfahndungsdienstgesetzes (Art. 15) und Zollverwaltungsgesetzes (Art. 16) vor. Folgeänderungen an weiteren Gesetzen finden sich in Art. 17. Inkrafttreten soll das Gesetz im Wesentlichen am Tag nach seiner Verkündung (Art. 18). Die Änderungen des Mindestlohngesetzes (Art. 6), des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes sollen teilweise erst sechs Monate nach der Verkündung in Kraft treten. Entfallen sind die im vorangegangenen Regierungsentwurf enthaltenen Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes (ehemals Art. 2), die in ein anderes Trägergesetz überführt und inzwischen in Kraft getreten sind.
Eine wesentliche Änderung gegenüber dem vorangegangenen Regierungsentwurf ist die in Art. 2 vorgesehene Ausweitung der Telekommunikationsüberwachungsbefugnisse (s. dazu unter 3.).
Die Neuregelungen könnten laut der Gesetzesbegründung „rein rechnerisch ein[en] Anstieg der von der FKS aufgedeckten Gesamtschadenssumme auf bis zu 155 Prozent (1,14 Mrd. Euro) des Mittelwertes der gesamten Schadenssumme der FKS aus den letzten fünf Jahren von 2020 bis 2024 (735 Mio. Euro) ergeben“ (RefE, S. 59). Bei den Ländern rechne man mit potentiellen Einnahmen durch die Nacherhebung von Gemeinschaftssteuern und Vereinnahmung von Geldstrafen im Jahr 2026 von rund 16 Mio. Euro, im Jahr 2027 von rund 23,7 Mio. Euro, im Jahr 2028 von rund 175,8 Mio. Euro und im Jahr 2029 von rund 188,2 Mio. Euro (RefE, S. 60). Gleichzeitig würden die Justizhaushalte der Länder jährlich um ca. 59 Mio. Euro entlastet (RefE, S. 60, 83 f.). Denn wegen der Erweiterung der FSK-Kompetenzen zur selbständigen Durchführung von Ermittlungsverfahren müssten die Staatsanwaltschaften zukünftig viele Fälle nicht mehr selbst bearbeiten (RefE, S. 83; s. dazu unten bei 4.).
1. Modernisierung und Digitalisierung
Der Entwurf will die gesetzlichen Grundlagen für einen „risikoorientierten Prüfungsansatz“ der FSK schaffen. Dazu soll § 2 SchwarzArbG folgenden neuen Abs. 5 erhalten:
„(5) Die Entscheidung über die Durchführung von Prüfungen nach Absatz 1 liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Behörden der Zollverwaltung. Die Prüfungen werden auf Grundlage eines risikoorientierten Ansatzes durchgeführt. Die Auswahl der zu prüfenden Sachverhalte erfolgt anhand einer Risikobewertung auf der Grundlage von Risikokriterien. Bei der Auswahl der zu prüfenden Sachverhalte berücksichtigen die Behörden der Zollverwaltung die Risikohinweise nach § 26 Absatz 5 Satz 4. Die Auswahl einer hinreichenden Anzahl von Prüfungen von Sachverhalten, zu denen keine Risikohinweise vorliegen, wird durch die Behörden der Zollverwaltung gewährleistet.“
Zugleich soll die Generalszolldirektion zur Zentralstelle der Behörden der Zollverwaltung für die Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung gemacht werden (§ 24 SchwarzArbG-E) und die Hauptzollämter durch ein „zentrales Risikomanagement“ unterstützen (§ 24 Abs. 2 Nr. 4 SchwarzArbG-E). Zum zentralen Risikomanagement gehörten die Branchenbeobachtung sowie die operative Informations- und Datenanalyse (RefE, S. 121). Die Branchenbeobachtung diene „der Analyse und Bewertung von Erkenntnissen im Zusammenhang mit neuen Begehungs- und Verschleierungsformen sowie auffälligen Häufungen von Delikten und dem Auftreten neuer Tätergruppierungen“ (RefE, S. 121). Aus der Analyse und Bewertung dieser Erkenntnisse können allgemeine branchenbezogene Risiken ohne personenbezogene Daten abgeleitet werden (RefE, S. 121).
Das operative Informations- und Datenanalysesystem ist in § 26 SchwarzArbG-E geregelt. Es soll personenbezogene Daten verarbeiten und dadurch „konkrete Prüfobjekte identifizieren“. Dafür soll auch auf Steuerdaten zugegriffen werden können (§ 26 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SchwarzArbG-E, § 31a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AO-E; RefE, S. 124, 140). Risikohinweise werden an das zentrale Informationssystem für die FKS (§ 16 SchwarzArbG-E) übermittelt und sind wiederum nach § 2 Abs. 5 SchwarzArbG-E von den Behörden der Zollverwaltung „bei der Auswahl der zu prüfenden Sachverhalte zu berücksichtigen“ (RefE, S. 121). Die Zentralstelle darf dabei auch selbstlernende oder automatisierte Systeme einsetzen; automatisierte Systeme, die eigenständig Gefährlichkeitsaussagen über Personen treffen können, sind allerdings unzulässig (§ 26 Abs. 4 SchwarzArbG-E).
Der Entwurf will außerdem Prüfungen „noch moderner und digitaler“ ermöglichen (S. 51). Identitäten von Personen soll die FSK künftig eigenständig und in einem schnellen und digitalen Verfahren überprüfen können (RefE, S. 51). Außerdem sollten in Zukunft mehr Prüfungen „an Amtststelle“ stattfinden, während das SchwarzArbG bisher stark auf Prüfungen vor Ort abstelle (RefE, S. 51).
Weiter nennt die Entwurfsbegründung als wesentliche Änderung, dass das Friseur- und Kosmetikgewerbe in den Katalog der für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung besonders anfälligen Branchen aufgenommen wird (RefE, S. 51).
2. Schein- und Abdeckrechnungen sollen strafbar werden
Der Entwurf will außerdem das Straf- und Bußgeldrecht besser handhabbar machen (RefE, S. 52) und dazu das Herstellen und Inverkehrbringen von unrichtigen Belegen von einer Ordnungswidrigkeit (§ 8 Abs. 4, 5 SchwarzArbG) zu einer Straftat hochstufen, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat. Die Vorschrift (Art. 1 Nr. 14; § 9 SchwarzArbG-E) soll folgenden Wortlaut haben:
§ 9 Strafvorschriften Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine in § 8 Abs. 4 bezeichnete Handlung begeht und gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
Die Regelung baut mit § 8 Abs. 4 SchwarzArbG auf einen bereits geltenden Ordnungswidrigkeitentatbestand auf. Bußgeldbewehrt ist danach das Ausstellen oder Inverkehrbringen von unrichtigen Belegen, die das Erbringen oder Ausführenlassen einer Dienst- oder Werkleistung vorspiegeln, wenn dadurch Schwarzarbeit oder illegale Beschäftigung ermöglicht wird. Neu gegenüber dem vorangegangenen Regierungsentwurf ist, dass der Referentenentwurf den Ordnungswidrigkeitentatbestand seinerseits ändern und um das Vorspiegeln der Erbringung einer Lieferung erweitern will (was zugleich zu einer Erweiterung des neuen Straftatbestands in § 9 SchwarzArbG-E führt). Die Begründung führt dazu aus, dass gewerbsmäßig im erheblichen Umfang auch inhaltlich falsche Schein- oder Abdeckrechnungen z.B. über Materiallieferungen in den Umlauf gebracht und von Scheinfirmen wie eine Ware am Markt gehandelt würden (RefE, S. 103). Die Regelung soll zukünftig folgenden Wortlaut haben:
§ 8 Bußgeldvorschriften (...) (4) Ordnungswidrig handelt, wer
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1. einen Beleg ausstellt, der in tatsächlicher Hinsicht nicht richtig ist und das Erbringen oder Ausführenlassen einer Dienst- oder Werkleistung oder einer Lieferung vorspiegelt, oder
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2. einen in Nr. 1 genannten Beleg in den Verkehr bringt und dadurch Schwarzarbeit i.S.d. § 1 Abs. 2 oder illegale Beschäftigung i.S.d. § 1 Abs. 3 ermöglicht.
(...)
Der geltende Ordnungswidrigkeitentatbestand für das Handeln aus grobem Eigennutz bzw. als Mitglied einer Bande (§ 8 Abs. 5 SchwarzArbG) wird dagegen gestrichen (Art. 1 Nr. 13 Buchst. c; RefE, S. 85); zu weiteren Änderungen bei den Bußgeldtatbeständen s. Art. 1 Nr. 13.
Der neue Straftatbestand (der auch schon zuvor aus der Praxis gefordert wurde, s. Sackreuther, NZWiSt 2021, Heft 12, Editorial) wird damit begründet, dass Schein- und Abdeckrechnungen die Erhebung von Steuern und Sozialabgaben in besonderem Maße gefährdeten und vielfach erst Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung ermöglichten (RefE, S. 103). Die strafrechtliche Ausgestaltung des Herstellens und Inverkehrbringens von unrichtigen Belegen bilde den hohen Unrechtsgehalt der Tathandlungen ab (RefE, S. 52), während die geltenden Bußgeldtatbestände in § 8 SchwarzArbG dem erhöhten Unrechtsgehalt nicht gerecht würden und nicht geeignet seien, Kettenbetrugssachverhalte effektiv und nachhaltig zu bekämpfen (RefE, S. 104). In diesen Fällen würden gewerbsmäßig inhaltlich falsche Schein- oder Abdeckrechnungen in den Umlauf gebracht, die von Scheinfirmen wie eine Ware am Markt gehandelt würden (RefE, S. 104). Die Betreiber der professionell organisierten Servicefirmen handelten mit Schein- oder Abdeckrechnung (auch über Materiallieferungen) im Millionenbereich und bedienten damit eine große Anzahl von Unternehmen (RefE, S. 104). Dabei würden über Servicefirmengeflechte gleich mehrere Servicefirmen mit Strohmännern als Geschäftsführer hintereinandergeschaltet und regelrechte Abdeckrechnungsketten erzeugt (RefE, S. 104). Mittlerweile sei in diesem Bereich eine regelrechte Industrie entstanden, die unlautere Unternehmen gegen Provision mit Schein- oder Abdeckrechnungen versorge und dazu auch weitere „Serviceleistungen“ anbiete; dazu gehöre etwa, dass Servicefirmen die Arbeitnehmer der Rechnungsbezieher zum Schein in geringem Umfang über die Servicefirmen zur Sozialversicherung anmeldeten (RefE, S. 104).
3. Telekommunikationsüberwachung
Neu gegenüber dem früheren Regierungsentwurf ist die in Art. 2 vorgesehene Änderung der Strafprozessordnung, mit der der neue Straftatbestand nach § 9 SchwarzArbG-E in den Katalog des § 100a StPO aufgenommen wird (neuer § 100a Abs. 2 Nr. 12 StPO-E).
Außerdem wird die Befugnis zur Telekommunikationsüberwachung bei Straftaten nach § 266a StGB erweitert (§ 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. q StPO-E), die bisher nur für § 266a Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 StGB gilt (Handeln als Mitglied einer Bande, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält). Nach der Neuregelung soll die Telekommunikationsüberwachung auch bei § 266a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StGB möglich sein. Nach dieser Norm muss der Täter selbst nicht bandenmäßig handeln. Er muss aber fortgesetzt Beiträge vorenthalten und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschaffen, der diese gewerbsmäßig anbietet.
Zur Aufnahme von § 266a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StGB führt die Begründung aus, dass § 100a StPO bislang nicht die in der Praxis häufig vorkommenden Fälle erfasse, in denen Gewerbetreibende zur Erbringung der von ihnen angebotenen Leistungen in großem Umfang Personal schwarz beschäftigten und die Schwarzlöhne in ihrer Buchhaltung durch Rechnungen ohne tatsächlichen Leistungshintergrund abdeckten, die sie von professionell organisierten Servicefirmen erhielten (RefE, S. 138). In diesen Fällen agierten in der Regel nicht die Leistungserbringer, die die Schwarzarbeiter beschäftigen, selbst als Bande, sondern vielmehr die Personen, die hinter dem Betrieb der professionell organisierten Servicefirmen stünden (RefE, S. 138). Diese Personen handelten in vielen Fällen mit sog. Abdeckrechnungen im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich und bedienten eine große Anzahl von Unternehmen, die ihrerseits in großem Umfang Personal schwarz beschäftigen (RefE, S. 138). Sie trügen daher in einem ganz erheblichen Umfang dazu bei, professionell betriebene Schwarzarbeit erst zu ermöglichen (RefE, S. 138).
Die Aufnahme der neuen Strafvorschrift des § 9 SchwarzArbG-E bezeichnet die Begründung als „sachlogische Ergänzung“ zu der ebenfalls vorgesehenen Aufnahme von § 266a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StGB (RefE, S. 140). Mit den beiden Erweiterungen gebe man Ermittlern die notwendigen Befugnisse, um durch Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung verborgene Strukturen aufzudecken und ein vollständiges Bild vom Netzwerk der Servicefirmen und der steuernden Hintermänner zu erhalten (RefE, S. 140).
4. Mehr Befugnisse und Beteiligungsrechte für die FKS
Der Entwurf will auch die Befugnisse der Zollverwaltung zur selbständigen Durchführung von Ermittlungsverfahren (§§ 14a-14c SchwarzArbG) erweitern, nachdem die Staatsanwaltschaften die bisherigen Regelungen vielerorts als keine echte Entlastung angesehen hätten (RefE, S. 52). Mit den Neuregelungen sollen die Ermittlungsverfahren in einem größeren Anwendungsbereich direkt durch die Hauptzollämter bearbeitet werden, ohne dass diese zuvor an die Staatsanwaltschaften übersendet und von diesen wieder an die Hauptzollämter zur abschließenden Bearbeitung abgegeben werden müssen (RefE, S. 52).
Nach dem neuen § 14a Abs. 1 SchwarzArbG-E ist daher für die selbständige Bearbeitung durch die FSK anders als bisher nicht mehr erforderlich, dass „die Staatsanwaltschaft die Strafsache an die Behörden der Zollverwaltung abgegeben hat“. Außerdem soll in § 14 Abs. 1 neben dem bisherigen Straftatbestand des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) der Straftatbestand des Betruges (§ 263 StGB) für bestimmte und auf den Bereich der Schwarzarbeit begrenzte Fälle aufgenommen werden. Die Norm hätte danach folgenden Wortlaut:
§ 14a Selbstständige Durchführung von Ermittlungsverfahren (1) Die Behörden der Zollverwaltung führen in den Fällen, in denen ihnen die Befugnisse nach § 14 zustehen, die Ermittlungsverfahren nach Maßgabe dieser Vorschrift und in den Grenzen des § 14b selbstständig durch, wenn die Tat eine Straftat darstellt nach
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1. § 266a des Strafgesetzbuches
oder
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2. § 263 des Strafgesetzbuches, bei der auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen oder der Vortäuschung von Dienst- oder Werkleistungen Sozialleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch zu Unrecht bezogen werden oder wurden.
§ 14a Abs. 2 SchwarzArbG regelt bisher, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren nicht an das Hauptzollamt abgibt, „wenn besondere Umstände angezeigt erscheinen lassen, dass das Ermittlungsverfahren unter der Verantwortung der Staatsanwaltschaft fortzuführen ist“. Zu diesen besonderen Umständen gehört insbesondere, dass Maßnahmen nach §§ 99, 100a, 102, 103 oder 104 StPO beantragt worden sind (§ 14a Abs. 2 Nr. 1, 2 SchwarzArbG). Nachdem eine Abgabe jetzt nicht mehr vorgesehen ist, sondern die Verfahren direkt durch die Hauptzollämter bearbeitet werden sollen, muss diese Regelung angepasst werden. Nach dem neuen Wortlaut soll die grundsätzlich vorgesehene unmittelbare Bearbeitung durch das Hauptzollamt nach § 14a Abs. 1 SchwarzArbG-E nicht greifen, wenn besonderen Umstände vorliegen. Zu diesen besonderen Umständen sollen (anders als bisher) Maßnahmen nach §§ 99, 102, 103 und 104 StPO in Zukunft nicht mehr gehören. Diese Maßnahmen sollen die Hauptzollämter selbst beantragen bzw. bei Gefahr im Verzug selbst anordnen können (RefE, S. 107 ff.). Es bleibt aber dabei, dass Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung nach § 100a StPO weiterhin ein Umstand sind, der die selbständige Bearbeitung durch die Hauptzollämter ausschließt (§ 14a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SchwarzArbG-E), was mit Blick auf die Erweiterung der Befugnisse nach § 100a StPO (s. oben bei 3.) bedeutsam ist. Ist sich die Zollbehörde unsicher, ob ein Ermittlungsverfahren unter der Verantwortung der Staatsanwaltschaft zu führen ist, so soll die Zollbehörde das Verfahren der Staatsanwaltschaft vorlegen, die dann entscheidet, ob sie es in eigener Zuständigkeit weiterführt (§ 14a Abs. 2 S. 3, 4 SchwarzArbG).
Ein neuer § 14b Abs. 6 SchwarzArbG soll die Beteiligungsrechte der FKS stärken. Bislang fehle für die FKS-Bediensteten ein Äußerungs- oder Fragerecht innerhalb der Hauptverhandlung (wie es § 407 AO für die Straf- und Bußgeldsachenstellen kennt; RefE, S. 110). Die Regelung soll folgenden Wortlaut haben:
§ 14b Rechte und Pflichten bei der selbstständigen Durchführung von Ermittlungsverfahren (...) (6) Das Gericht gibt den Behörden der Zollverwaltung Gelegenheit, diejenigen Gesichtspunkte vorzubringen, die aus ihrer Sicht für die Entscheidung von Bedeutung sind. Dies gilt auch, wenn das Gericht erwägt, das Verfahren einzustellen. Der Termin zur Hauptverhandlung und der Termin zur Vernehmung durch einen beauftragten oder ersuchten Richter nach den §§ 223 und 233 der Strafprozessordnung werden den Behörden der Zollverwaltung mitgeteilt. Ihre Vertretung erhält in der Hauptverhandlung auf Verlangen das Wort. Ihr ist zu gestatten, Fragen an Angeklagte, Zeugen und Sachverständige zu richten. Das Urteil und andere das Verfahren abschließende Entscheidungen sind den Behörden der Zollverwaltung mitzuteilen.
Mit dieser Ergänzung würden Fachexpertise und Aktenkenntnis der FKS-Bediensteten auch für das gerichtliche Verfahren vollständig zur Verfügung stehen (RefE, S. 110). Ein gerichtliches Verfahren könne sich z.B. anschließen, wenn gegen einen von der Zollverwaltung beantragten Strafbefehl Einspruch eingelegt werde (RefE, S. 110).
Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
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