aus wistra 7/2025
Im Landtag von Nordrhein-Westfalen wurde das Lagebild zur Organisierten Kriminalität (OK) veröffentlicht (Drs. 18/3519). Es wird u.a. ausgeführt, dass verfahrensintegrierte Finanzermittlungen zum Standard in der OK-Bekämpfung gehören, um Finanztransaktionen und -investitionsarten zu ermitteln, kriminell erlangtes Vermögen abzuschöpfen und Geldwäschehandlungen zu erkennen. Sie dienten einerseits der Beweisführung, andererseits ermöglichen sie es den kriminellen Akteuren, illegale Profite und Investitionsmittel zu entziehen und die Finanzkraft der OK-Gruppierungen so nachhaltig zu schwächen. Im Berichtsjahr 2023 seien in 62 der OK-Verfahren Finanzermittlungen durchgeführt worden. In 82 % hätten die Ermittlungsbehörden hierzu Fachpersonal für Finanzermittlungen eingesetzt.
Weiter wird ausgeführt, dass Ermittlungen zu Geldwäscheaktivitäten „zum Portfolio verfahrensintegrierter Finanzermittlungen“ gehören, um die Wege der inkriminierten Gelder nachzuvollziehen. Im Berichtsjahr habe die Polizei NRW in 28 OK-Verfahren Hinweise auf Geldwäscheaktivitäten erhalten. Dabei seien Investitionen oder auch Transaktionen von Vermögenswerten ungeklärter Herkunft in einer Höhe von 20,2 Mio. EUR festgestellt worden.
Unter dem Stichwort Wirtschaftskriminalität heißt es:
„Die OK-Bekämpfung im Bereich der Wirtschaftskriminalität wird auch im Berichtsjahr 2023 durch die Aufklärung der Steuerdelikte im Kontext sogenannter Cum-Ex-Geschäfte geprägt. Bereits seit 2014 ermittelt hierzu u.a. eine Ermittlungsgruppe des LKA NRW. ‚Cum-Ex‘ bezeichnet eine bestimmte Form von Steuerhinterziehung, die durch betrügerisch angelegte, großvolumige Aktienkreisgeschäfte um den Dividendenauszahlungstag von professionellen Marktteilnehmern initiiert wird. Der Zweck dieser Geschäftsstrategie liegt nicht im gewinnorientierten Handel mit Aktien, sondern ausschließlich in der Mehrfacherstattung tatsächlich nur einmal abgeführter Kapitalertragssteuern. Durch die Ermittlungen des LKA NRW konnten wesentliche Strukturerkenntnisse gewonnen werden, welche für die bundesweite Bearbeitung von ‚Cum-Ex‘- Geschäften wesentlich sind. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse haben mittlerweile vier weitere Polizeibehörden in NRW OK-Verfahren gegen involvierte Banken, Investoren und Aktionäre eingeleitet. In allen Ermittlungsverfahren besteht der Verdacht der bandenmäßigen Steuerhinterziehung, des Betruges zum Nachteil privater Anleger sowie der Geldwäsche. Für den Zeitraum ab dem Jahr 2006 ist nach derzeitigem Ermittlungsstand von einem Gesamtsteuerschaden in Milliardenhöhe auszugehen. Steuerhinterziehung ist oft ein wesentlicher Bestandteil organisierter Wirtschaftskriminalität. Insofern erfordern komplexe Ermittlungssachverhalte regelmäßig die Bündelung von Spezialwissen und Kompetenzen durch gemeinsame Ermittlungen von Polizei und Steuerfahndung.“
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin