aus wistra 6/2025
Die Bundesregierung wurde gefragt, wie hoch sie den jährlichen Schaden aus Steuerhinterziehung und Steuerbetrug schätzt. Hierzu wird mitgeteilt, dass der gesamtwirtschaftliche Schaden durch Steuerhinterziehung nicht fundiert zu ermitteln ist, da keine Daten über unentdeckte Steuerhinterziehung vorliegen. Zudem seien Schätzungen zum Schaden durch Steuerhinterziehung und -betrug stark von den jeweiligen Methoden und Annahmen abhängig; die wissenschaftliche Forschung zu diesem Thema werde kontinuierlich verfolgt (BT-Drucks. 20/14876).
Gefragt nach Maßnahmen zur effektiveren Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug verweist die Bundesregierung auf folgende Punkte:
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Es sei ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.3.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit von Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vom 20.12.2022 (BGBl. I 2730) auf den Weg gebracht worden. Mit diesem Gesetz würden die Finanzbehörden einen besseren Zugang zu Informationen (mehr Transparenz), die für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Besteuerung erforderlich sind, insbesondere bei Einkünften, die unter Verwendung digitaler Plattformen erzielt werden, erhalten. Zugleich seien Anpassungen im Hinblick auf die zwischenstaatliche Zusammenarbeit der Steuerbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Bereich der direkten Steuern vorgenommen worden, um eine gesetzmäßige Besteuerung von grenzüberschreitenden Sachverhalten sicherzustellen und Steuerflucht, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung wirksam zu bekämpfen. Die Ertüchtigung der Amtshilfe leiste einen wichtigen Beitrag zu einer sozialen und gerechten Besteuerung und verhindere die Erosion des Steueraufkommens.
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Gemeinsam mit den Ländern arbeite die Bundesregierung mit hoher Priorität an einem Konzept für die Einführung eines Systems zur transaktionsbezogenen Meldung von Business-to-Business-Umsätzen (B2B-Umsätzen) in Echtzeit an die Finanzverwaltung (Meldesystem). Dabei sei auch der von der Europäischen Kommission vorgelegte Richtlinienvorschlag „Die Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter“ zu berücksichtigen, der die Einführung eines entsprechenden Meldesystems für innergemeinschaftliche Umsätze vorsieht. Ziel sei es, ein einheitliches System für die Meldung von innergemeinschaftlichen und nationalen Umsätzen einzurichten – dies insbesondere auch vor dem Hintergrund der Entlastung der Unternehmen. Für die Umsetzung des Meldesystems würden umfangreiche gesetzgeberische und vor allem auch IT‑Umsetzungen sowohl in der Wirtschaft als auch in der Verwaltung erforderlich sein, die eine ausreichende Vorlaufzeit benötigen würden.
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Mit dem Netzwerk empirische Steuerforschung sei eine Kooperationsplattform zwischen Forschung, Finanzverwaltung und amtlicher Statistik gegründet worden, die Forschungsfragen im Bereich der Steuerpolitik aufgreift und insbesondere auch Grundlagenarbeit bei der Datenverfügbarkeit und -nutzung angeht. Ziel sei es, die Basis für evidenzbasierte Gesetzgebung im Steuerbereich weiterzuentwickeln. Das heiße, die Forschung betrachte ganz unterschiedliche Fragestellungen und sei abhängig vom Datenangebot. Die Weiterentwicklung dessen unterstütze nicht nur die Forschung, sondern auch den Vollzug.
Erneut thematisiert wurde die verkürzte Aufbewahrungsfrist von Buchungsbelegen und Rechnungen. Die Bundesregierung weist in diesem Zusammenhang in strafrechtlicher Hinsicht auf die Verjährungsfrist von 15 Jahren hin, die nur bei Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen nach § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 bis 6 AO gilt. Vor diesem Hintergrund wäre es sehr fraglich, ob die Verhältnismäßigkeit noch gewahrt wäre, wenn für eine kleine Anzahl von Fällen eine sehr große Zahl von Steuerpflichtigen mit einer Aufbewahrungsfrist von 15 Jahren belastet würde. Auf die Tatsache, dass die Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege (zehn Jahre) und die Verjährungsfrist für Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen (15 Jahre) bereits nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes auseinandergefallen sind, wird hingewiesen.
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin