aus wistra 5/2025
Die zunehmende Marktpräsenz von Onlinehändlern aus Drittstaaten stellt deutsche und europäische Regulierungsbehörden vor neue Herausforderungen. Die Onlinehändler agieren häufig – so wird durch Fragesteller im Bundestag angemerkt (BT-Drucks. 20/14579) – außerhalb der europäischen Binnenmarktregulierungen und würden vielfach geltende Vorschriften – insbesondere im Bereich Verbraucherschutz, Produktsicherheit und Zoll – umgehen. Im Bundestag wurde daraufhin gefragt, welche Maßnahmen die Bundesregierung auf nationaler und europäischer Ebene bislang ergriffen hat, um sicherzustellen, dass Onlinehändler aus Drittstaaten die Standards für Verbraucherschutz, Produktsicherheit und Zolleinfuhrvorgaben einhalten, und welche Maßnahmen unternommen werden, wenn festgestellt wird, dass diese Standards nicht eingehalten werden.
Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort (BT-Drucks. 20/14878) u.a. auf einen Aktionsplan E-Commerce, der darauf abzielt, die konsequente Durchsetzung bestehender Rechtsvorschriften durch Hersteller, Händler und E-Commerce-Plattformen auch aus Drittstaaten wistra 2025, R6sicherzustellen. Darüber hinaus sehe der Aktionsplan eine Prüfung vor, ob das bestehende Recht ausreicht, um eine effektive Rechtsdurchsetzung, Verbraucherschutz, Produktsicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten.
Auf deutsche Initiative hin habe die Bundesregierung beim EU-Wettbewerbsfähigkeitsrat in Brüssel am 26.9.2024 ein entschiedenes und abgestimmtes Vorgehen der EU gegen weitgehend unkontrollierte Direktimporte aus Drittstaaten über E-Commerce-Plattformen gefordert. Unter anderem habe die Bundesregierung gegenüber der Europäischen Kommission die konsequente Durchsetzung des Digital Services Act (DSA) gegenüber sehr großen Onlinehandelsplattformen (VLOPs) gefordert. Zudem sei die Europäische Kommission aufgefordert worden, auch selbst Testkäufe zu tätigen und hohe Bußgelder zu verhängen, wenn Bestimmungen des DSA nicht eingehalten werden.
Eine weitere wichtige Maßnahme sei die neue EU-Produktsicherheitsverordnung, die seit dem 13.12.2024 unmittelbar in allen Mitgliedstaaten Anwendung findet und spezifische Maßnahmen für Online-Marktplätze vorsieht. Erstmalig würden durch diese Verordnung auch Online-Marktplätze für die Produktsicherheit in die Verantwortung genommen. Sie müssten dann beispielsweise anhand des Safety Gate Portal stichprobenartig prüfen, ob Angebote auf ihrem Marktplatz bereits als gefährlich identifiziert wurden.
Im Zeitraum vom 2. bis 4.9.2024 führten die Zollämter der Frachtflughäfen Frankfurt/M., Köln/Bonn und Leipzig/Halle jeweils für einen Zeitraum von 24 Stunden Schwerpunktkontrollen von Paketsendungen im E-Commerce durch. Im Fokus standen – so berichtet die Bundesregierung – T-Shirts, Schuhe, Taschen, um Unterfakturierung, Fälschungen und Verstöße gegen die Textilkennzeichnungs VO zu prüfen. Die Auswahl der zu kontrollierenden Sendungen sei nicht händler‑, sondern warenbezogen auf Basis einer elektronischen Risikoanalyse erfolgt. Die wertmäßige Prüfung sei auf Basis der Zollanmeldungen erfolgt. Die Auswertung der Sonderkontrollmaßnahme sei mittlerweile abgeschlossen. Im Ergebnis wurden auf der Grundlage von 2.390 Paketsendungen 118 Produktsicherheitsverstöße, 6 Verstöße gegen Regelungen des gewerblichen Rechtsschutzes und 148 zollrechtliche Feststellungen zu fehlerhaftem Warenwert bzw. Falschtarifierungen festgestellt.
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin