Aus wistra 10/2023
Auf der Internetseite des Landesamts für Steuern Niedersachsen wird ausführlich beschrieben, wie vermutete Steuerstraftaten angezeigt werden können. Außerdem bietet das Amt ein Formular an, welches eine entsprechende Meldung an das zuständige Finanzamt in strukturierter Form ermöglicht. Auch wird darauf hingewiesen, dass
- wissentlich falsche Anschuldigungen als falsche Verdächtigung verfolgt werden können;
- eine aufgrund der Anzeige strafrechtlich verfolgte Person unter Umständen Anspruch auf die Bekanntgabe des Namens des Anzeigeerstatters verlangen kann, wenn sich die Anzeige später als gänzlich unzutreffend herausstellt.
Anknüpfend daran wurden im Landtag von Niedersachsen zahlreiche Fragen gestellt (Drs. 19/1739). Die Landesregierung merkt hierzu einleitend an (Drs. 19/1980), dass gemäß der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Landesregierung für die Legislaturperiode 2022 bis 2027 u.a. auch das Ziel hat, ein digitales Meldeportal für Steuerdelikte einzurichten. Damit wolle sie ein weiteres Zeichen setzen, um „Steuerumgehung jeglicher Art“ einzudämmen. Digitale Instrumente spielten hierbei eine Schlüsselrolle. In Niedersachsen würden den Finanzbehörden vermutete steuerliche Hinterziehungssachverhalte bisher persönlich, telefonisch, postalisch oder per E‑Mail mitgeteilt. Die Abgabe einer anonymen Anzeige sei insoweit zwar grundsätzlich möglich. Der Überprüfung anonym angezeigter Sachverhalte auf deren strafrechtlichen Gehalt seien aber dann Grenzen gesetzt, wenn die Ermittlungsbehörde noch Rückfragen zu der Anzeige hat. Den Anzeigeerstattern sollen durch die Einführung eines digitalen Meldeportals ein zusätzlicher Kommunikationsweg für die Abgabe sowohl offener als auch anonymer Anzeigen eröffnet werden. Die digitalen Vorgaben erleichterten die Abgabe (und Auswertung) strukturiert vorgetragener Eingaben. Insbesondere sollten die Anzeigeerstatter auf diese Weise anonym bleiben und Hinweise melden dürfen, wenn sie nicht persönlich in Erscheinung treten wollen. Auch Rückfragen der Ermittlungsbehörden und deren Beantwortung sollen über das Portal möglich sein, ohne dass die Anzeigeerstatter den Schutz der Anonymität verlassen müssen.
Folgende Meldungen zu möglichen Steuerstraftaten haben in den vergangenen Jahren in Niedersachsen stattgefunden:
2017 |
1.622 |
2018 |
2.734 |
2019 |
2.488 |
2020 |
2.349 |
2021 |
2.269 |
2022 |
1.175 |
Für die Jahre 2017 bis 2021 uneingeschränkt und für 2022 bis zur Einführung des KONSENS-Verfahrens BuStra/Steufa hat das in den niedersächsischen Finanzämtern für Fahndung und Strafsachen eingesetzte Datenbankprogramm InFuSt danach unterschieden, ob Meldungen möglicher Steuerstraftaten aus der Steuerverwaltung selbst heraus oder von außerhalb der Steuerverwaltung eingegangen sind. Die Eingangsart „Anzeige“ umfasste die Meldungen möglicher Steuerstraftaten, die Dritte veranlasst haben. Die in der Übersicht für das Jahr 2017 abgebildete Anzahl von Anzeigen ist niedriger als die tatsächliche Anzahl, weil die Finanzämter für Fahndung und Strafsachen ihren Datenbestand entsprechend geltender Aussonderungsvorschriften bereits teilweise bereinigt haben. Die Daten für 2022 sind deshalb niedriger als in den Vorjahren, weil das KONSENS-Verfahren BuStra/Steufa zwischen April und Oktober 2022 zu unterschiedlichen Zeitpunkten in den Finanzämtern für Fahndung und Strafsachen eingeführt wurde. Das seit 2022 in der Steuerverwaltung eingesetzte KONSENS-Verfahren BuStra/Steufa sieht keine entsprechende Auswertungsmöglichkeit vor. Wie viele der vorgenannten Anzeigen in Steuerstrafverfahren gemündet sind und welche Mehrergebnisse hierbei erzielt wurden, ist – so die Auskunft der Landesregierung – nicht ermittelbar.
Die nachstehende Übersicht verdeutlicht, wie viele Betriebsprüfungen in Niedersachsen in Fahndungsprüfungen endeten:
Jahr |
Betriebsprüfungen |
davon Bp-/F-Prüfungen |
2017 |
22.726 |
718 |
2018 |
22.019 |
708 |
2019 |
21.367 |
713 |
2020 |
19.832 |
634 |
2021 |
19.044 |
613 |
2022 |
18.311 |
636 |
Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin