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Reform des Sanktionenrechts

Aus wistra 5/2023

Die Bundesregierung hat am 21.12.2022 den von Bundesjustizminister Buschmann vorgelegten „Entwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Sanktionenrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt“ (RegE) beschlossen und ihn nach Stellungnahme des Bundesrats und Gegenäußerung der Bundesregierung in den Deutschen Bundestag eingebracht (BT-Drucks. 20/5913; zum Referentenentwurf s. Babucke, NK 2022, 383; Kudlich/Göken, ZRP 2022, 177; Fach, NJW 2022, 504). Das Vorhaben beruht auf dem Koalitionsvertrag, der vorsieht, das Sanktionensystem einschließlich Ersatzfreiheitsstrafen, Maßregelvollzug und Bewährungsauflagen mit dem Ziel von Prävention und Resozialisierung zu überarbeiten und in den Katalog der Strafzumessungsumstände (§  46 II StGB) explizit geschlechtsspezifische und homosexuellenfeindliche Beweggründe aufzunehmen (BT-Drucks. 20/5913, 11). Im Sinne eines „Neustarts in der Strafrechtspolitik“ solle das Vorhaben die Resozialisierung stärken und die Strafrechtspolitik evidenzbasiert ausrichten.

1. Halbierung von Ersatzfreiheitsstrafen durch 2:1-Umrechnung 
Wer eine Geldstrafe nicht bezahlt, muss sie im Gefängnis „absitzen“. Jeder Tagessatz entspricht dabei bisher einem Tag Freiheitsstrafe (§ 43 S. 2 StGB). Zentrale Aufgabe der Ersatzfreiheitsstrafe sei es, als Druckmittel dafür zu sorgen, dass Geldstrafen effektiv durchgesetzt werden. Geldstrafen seien in der Praxis die mit großem Abstand wichtigste Sanktion des deutschen Strafrechts. 2020 lauteten mit 554.614 Verurteilungen nach allgemeinem Strafrecht 86 % aller Strafurteile auf Geldstrafe (BT-Drucks. 20/5913, 11, hier und im Folgenden unter Bezugnahme auf den Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur „Prüfung alternativer Sanktionsmöglichkeiten – Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 43 StGB“ [2019]). Ersatzfreiheitsstrafen hätten in den letzten zwei Jahrzehnten spürbar zugenommen. So verbüßten in den Jahren 2003 bis 2010 bundesweit durchschnittlich täglich 3 848 Personen eine Ersatzfreiheitsstrafe, während es in den Jahren 2011 bis 2019 im Durchschnitt 4 326 Personen gewesen seien (BT-Drucks. 20/5913, 13).

Eine Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe sei nicht der richtige Weg (anders Kreck, DRiZ 2022, 440, s. auch Krings, DRiZ 2022, 441). Die Ersatzfreiheitsstrafe erfülle grundsätzlich ihre Funktion, und in vielen Fällen werde die Geldstrafe doch noch kurz vor oder nach Strafantritt bezahlt, was zugleich zeige, dass „echte Zahlungsunfähigkeit“ keineswegs regelmäßig der Grund für Ersatzfreiheitsstrafen sei (BT-Drucks. 20/5913, 11). Auch wo Verurteilte nicht bloß zahlungsunwillig, sondern mittellos und damit zahlungsunfähig seien, könne man wegen des begangenen kriminellen Unrechts nicht auf die Ersatzfreiheitsstrafe verzichten, zumal schon nach geltendem Recht die Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit abgewendet werden könne (s. Art. 293 EGStGB und die in allen Ländern dazu unter dem Motto „Schwitzen statt Sitzen“ erlassenen Rechtsverordnungen; so sind bspw. nach § 5 der Berliner Tilgungsverordnung vier Stunden gemeinnützige Arbeit zur Abwendung von einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe zu leisten). Ohne Ersatzfreiheitsstrafe und den mit ihr verbundenen Tilgungsdruck würden Geldstrafen vermehrt auch dann nicht beglichen, wenn dies den Betroffenen möglich wäre, wie Erfahrungen aus Schweden zeigten (BT-Drucks. 20/5913, 11).

Konsens sei aber auch, dass Ersatzfreiheitsstrafen grundsätzlich soweit wie möglich vermieden werden sollten. Denn das Gericht habe als schuldangemessen eine Geldstrafe und gerade nicht eine Freiheitsstrafe verhängt. Die in der Regel kurzen Haftzeiten bei Ersatzfreiheitsstrafen erlaubten meist keine wirkliche Resozialisierung und könnten – etwa bei Verlust von Wohnung und Arbeitsplatz – sogar das Gegenteil bewirken. Weiter belasteten die erheblichen Kosten der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen die Länderhaushalte (durchschnittlich knapp 120 € pro Tag und Gefangenem, BT-Drucks. 20/5913, 11, 57).

Mit der Neuregelung wird der Umrechnungsmaßstab von Geldstrafe in Ersatzfreiheitstrafe in § 43 S. 2 StGB so geändert, dass statt einem Tagessatz zukünftig zwei Tagessätze einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe entsprechen (Art. 1 Nr. 1 Buchst. b RegE). Dadurch halbiere sich nicht nur die Anzahl der Tage der Ersatzfreiheitsstrafe, sondern es halbiere sich auch die Anzahl der Arbeitsstunden mit denen die Ersatzfreiheitsstrafe abgewendet werden könne. Bereits heute bestimme Art. 293 I 2 EGStGB, dass mit der geleisteten Arbeit die (zukünftig halbierte) Ersatzfreiheitsstrafe erledigt sei, also nicht etwa die Geldstrafe getilgt werde. Eine Ergänzung von Art. 293 I EGStGB stelle dies nochmals ausdrücklich klar (Art. 4 Nr. 1 Buchst. b RegE; BT-Drucks. 20/5913, 40). Die Halbierung der Arbeitsstunden könne es den Betroffenen leichter machen, durch freie Arbeit eine Ersatzfreiheitsstrafe ganz zu vermeiden, und könne sie überhaupt erst hinreichend motivieren oder es ihnen sonst möglich machen, gemeinnützige Arbeit zu beginnen und diese auch tatsächlich „durchzuhalten“ (BT-Drucks. 20/5913, 40). Die Länder würden durch die Reduzierung der Ersatzfreiheitsstrafen Kosten von „geschätzt gut 30 bis 50 Millionen Euro pro Jahr“ einsparen können (BT-Drucks. 20/5913, 57, s. dazu Rebehn, DRiZ 2022, 438).

Ergänzungen im Vollstreckungsrecht sollen die angestrebte Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen flankieren. So sollen die Vollstreckungsbehörden zukünftig auf die Möglichkeit von Zahlungserleichterungen (§ 459a StPO) und der Abwendung der Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit hinweisen müssen (§ 459e II StPO-E, Art. 2 Nr. 3 Buchst. a RegE). Den Vollstreckungsbehörden solle zudem die Einschaltung der Gerichtshilfe ausdrücklich nahegelegt werden, um die Abwendung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch Zahlungserleichterungen oder gemeinnützige Arbeit zu fördern (§ 463d StPO-E, Art. 2 Nr. 5 RegE). Ein neuer § 459e IIa StPO-E soll datenschutzrechtlich sicherstellen, dass die Vollstreckungsbehörde neben der Gerichtshilfe auch Träger der freien Straffälligenhilfe in Maßnahmen der aufsuchenden Sozialarbeit einbinden kann (Art. 2 Nr. 3 Buchst. b RegE). Die Straffälligenhilfe soll von sich aus auf die Betroffenen zugehen und sie bei der Abwendung einer Ersatzfreiheitsstrafe unterstützen können (BT-Drucks. 20/5913, 35). Zu weiteren praktischen Möglichkeiten zur Vermeidung oder Reduzierung der Vollstreckung s. BT-Drucks. 20/5913, 14 f.

2. „Geschlechtsspezifische“ und „gegen die sexuelle Orientierung gerichtete“ Tatmotive als neue Strafzumessungskriterien 
Nach der Neuregelung (Art. 1 Nr. 2 RegE) soll Abs. 2 S. 2 von § 46 StGB (Grundsätze der Strafzumessung) wie folgt ergänzt werden:

„Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht: 

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische, geschlechtsspezifische, gegen die sexuelle Orientierung gerichtete oder sonstige menschenverachtende ...“. 

Die Gesetzesbegründung verweist auf statistische Erkenntnisse, nach denen Taten, die aus Sicht des Täters handlungsleitend durch das Geschlecht des Opfers oder dessen sexuelle Orientierung motiviert seien, in Deutschland eine zunehmende Rolle spielten.

Bei Taten, die vorrangig gegen Frauen verübt würden, lasse sich dies an den Daten zur sog. Partnerschaftsgewalt ablesen. Nach einer BKA-Auswertung zu Partnerschaftsgewalt sei die Zahl von Delikten innerhalb von Partnerschaften oder im Zusammenhang mit einer Trennung in den letzten Jahren stetig angestiegen. Von 2017 bis 2020 sei ein Anstieg um 6,6 % (von 138.893 auf 148.031 Opfer) zu verzeichnen. Im Berichtsjahr 2020 seien dabei 80,5 % der Opfer weiblich (119.164). Der Anteil von Opfern von Partnerschaftsgewalt mit 18,2 % (148.031) sei gemessen an der Anzahl der Gesamtopfer von Straftaten hoch. Es sei zudem von deutlich höheren Dunkelfeldziffern auszugehen. Bei Erhebungen der Europäischen Grundrechteagentur hätten für Deutschland 12 % der Frauen angegeben, seit ihrem 15. Lebensjahr sexuelle Gewalt erlebt zu haben, und 22 % seien nach eigenen Angaben von körperlicher und/oder sexueller Gewalt durch Partner im Erwachsenenalter betroffen gewesen; 35 % hätten von erlebter körperlicher und/oder sexueller Gewalt unabhängig vom Täter-Opfer-Kontext und 55 % von erlebter sexueller Belästigung berichtet. Auch bei der Hasskriminalität, die sich gegen die sexuelle Orientierung des Opfers richte, sei in Deutschland nach den polizeilichen Kriminalstatistiken in den letzten zehn Jahren ein starker Anstieg zu verzeichnen. Von 2011 (148 Taten) bis 2020 (578 Taten) habe sich die Zahl der im „Kriminalpolizeilichen Meldedienst Politisch motivierte Kriminalität“ (KPMD-PMK) erfassten Taten gegen die sexuelle Orientierung nahezu vervierfacht, wobei der Anstieg ab 2019 besonders eklatant sei (BT-Drucks. 20/5913, 15 ff.). 

Die vorgeschlagene Ergänzung diene zunächst der Verdeutlichung und Bekräftigung der geltenden Rechtslage, wonach Hass gegen Frauen sowie gegen lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Personen und andere queere Menschen (LSBTI) als Tatmotiv unter die Formulierung der „sonst menschenverachtenden“ Beweggründe falle und so bei der Strafzumessung grundsätzlich strafschärfend zu berücksichtigen sei. Der Begriff „geschlechtsspezifisch“ solle nicht nur Beweggründe erfassen, die unmittelbar auf Hass gegen Menschen eines bestimmten Geschlechts, einschließlich einer nicht-binären Geschlechtsidentität beruhen, sondern auch die Fälle einbeziehen, in denen die Tat handlungsleitend von Vorstellungen geschlechtsbezogener Ungleichwertigkeit geprägt ist. Eine solche Motivlage sei etwa zu bejahen, wenn der Täter Frauen nicht dasselbe Selbstbestimmungsrecht zugestehe wie Männern und etwa die gegen den aktuellen oder früheren Partner ausgeübte Gewalt Ausdruck eines patriarchalischen Herrschafts- und Besitzanspruches gegenüber dem Opfer sei (BT-Drucks. 20/5913, 64). Damit verbunden werde auch der Hinweis an die Rechtspraxis, eine entsprechende Motivationslage insbesondere bei Straftaten zu Lasten von Frauen, auch bei Beziehungstaten, stärker zu berücksichtigen (BT-Drucks. 20/5913, 41).

Das Merkmal „geschlechtsspezifische Beweggründe“ erfasse überdies solche Fälle, in denen sich der gruppenbezogene Hass oder eine unterstellte Ungleichwertigkeit des Opfers auf einen Mann oder eine andere Geschlechtsidentität beziehe. Daher umfassten „geschlechtsspezifische“ Beweggründe vor allem auch solche Motive, die sich gegen die trans- oder intergeschlechtliche Identität oder die (sonstige) nicht-binäre Geschlechtsidentität des Opfers richteten. Aufgrund dieses breiten Verständnisses von „geschlechtsspezifisch“ könne zur Erfassung der weiteren gegen LSBTI-Personen gerichteten Motive auf das Merkmal der „sexuellen Orientierung“ zurückgegriffen werden. Es stelle auf die Beziehungsebene ab und erfasse alle Formen der Präferenz bei der Wahl eines Sexualpartners und damit – im Hinblick auf mögliche Hassmotive – namentlich auch Beweggründe, die sich gegen die Homo , Bi , Pan- oder auch Asexualität des Opfers richteten (BT-Drucks. 20/5913, 66).

3. Weitere Regelungen – Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt 
a) Auflagen und Weisungen 

Die Möglichkeit einer Therapieweisung im Rahmen der Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56c StGB), der Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59a StGB) und des Absehens von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen (§ 153a StPO) solle jeweils ausdrücklich normiert werden (Art. 1 Nr. 3, 4 Buchst. a Doppelbuchst. bb, Art. 2 Nr. 1 RegE). Gerade bei Gewalt- und Sexualstraftaten könne eine Therapieweisung, also die Vorgabe, sich psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen, von besonderer spezialpräventiver Bedeutung sein (BT-Drucks. 20/5913, 20). Möglichkeit und Bedeutung von ambulanten Therapieweisungen sollten daher im Gesetz noch deutlicher hervorgehoben werden, damit die Gerichte seltener als bisher die Erteilung einer solchen Weisung bzw. deren Prüfung unterlassen (BT-Drucks. 20/5913, 22).

Bei der Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB) wird in § 59a StGB zusätzlich die Möglichkeit einer Anweisung geschaffen, „sonst gemeinnützige Leistungen“ zu erbringen (Arbeitsauflage, Art. 1 Nr. 4 Buchst. a Doppelbuchst. aa RegE). Anders als etwa in den Katalogen des § 56b II StGB oder § 153a I 2 StPO enthalte der abschließende Katalog des § 59a StGB bislang keine solche Auflage. Gemeinnützige Arbeit könne auch bei der Verwarnung mit Strafvorbehalt nicht nur eine wichtige Funktion bei der Genugtuung für das begangene Unrecht spielen, sondern ebenso dem allgemeinen Sanktionsziel der Bewährung ohne Strafe dienen und damit zugleich resozialisierende Wirkung entfalten (BT-Drucks. 20/5913, 22).

b) Unterbringung in einer Entziehungsanstalt 
Der Gesetzentwurf will die Anordnungsvoraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in mehrfacher Hinsicht enger fassen (§ 64 StGB-E, Art. 1 Nr. 5 RegE). Ziel sei es, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB wieder stärker auf diejenigen zu konzentrieren, die aufgrund ihres übermäßigen Rauschmittelkonsums und der daraus resultierenden Gefahr, erhebliche rechtswidrige Taten zu begehen, tatsächlich der Behandlung in einer solchen Einrichtung bedürfen. Sachwidrige Anreize für Täter, insbesondere bei hohen Begleitstrafen die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anzustreben, gelte es zu beseitigen. Damit solle zugleich der seit vielen Jahren zu beobachtende Anstieg der Zahl der untergebrachten Personen möglichst gebremst, zumindest abgemildert werden (BT-Drucks. 20/5913, 43).

Umgesetzt wird dies durch eine ganze Reihe von Änderungen: So soll die Anordnungsvoraussetzung „Hang“ vom Bestehen einer Substanzkonsumstörung abhängig gemacht werden, deren Behandlungsbedürftigkeit sich in einer dauernden und schwerwiegenden Beeinträchtigung der Gesundheit oder des Soziallebens manifestiert haben muss. Das Kausalitätserfordernis (symptomatischer Zusammenhang) zwischen Hang und Anlasstat schärft der Gesetzentwurf dadurch, dass die Anlasstat künftig überwiegend auf den Hang zurückzuführen sein muss. Die Anordnung der Unterbringung soll zudem auf diejenigen Fälle begrenzt werden, in denen das Erreichen des Behandlungsziels aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu erwarten ist (BT-Drucks. 20/5913, 44).

Danach hätte § 64 StGB (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt) folgenden Wortlaut:

„Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die überwiegend auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird; der Hang erfordert eine Substanzkonsumstörung, infolge derer eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit eingetreten ist und fortdauert. Die Anordnung ergeht nur, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu erwarten ist, dass die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.“ 

Weiter soll die Strafrestaussetzung zur Bewährung in den Fällen des § 67 V 1 StGB-E (Vollzug der Maßregel vor der Strafe) zukünftig nicht schon zum Halbstrafenzeitpunkt möglich sein, sondern regelmäßig (wie bei § 57 StGB ) zum Zweidrittelzeitpunkt (Art. 1 Nr. 6 Buchst. b RegE). Daran anknüpfend soll sich die Berechnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe bei Freiheitsstrafen über drei Jahren in der Regel ebenfalls an diesem Zweidrittelzeitpunkt orientieren, nicht mehr am Halbstrafenzeitpunkt (§ 67 II 3 StGB-E, Art. 1 Nr. 6 Buchst. a RegE).

Erklärt das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mangels Erfolgsaussichten für erledigt (§ 67d V 1 StGB) und wird dagegen sofortige Beschwerde eingelegt, so soll es zukünftig beim Grundsatz der sofortigen Vollziehbarkeit bleiben (§ 463 VI 3 StPO-E, Art. 2 Nr. 4 RegE). Die Rechtsprechung habe bisher die sofortige Vollziehbarkeit teilweise verneint, so dass die davon betroffene Praxis – bei Beschwerdeverfahren von bis zu siebenmonatiger Dauer – nicht zeitnah in den Strafvollzug habe überstellen können (BT-Drucks. 20/5913, 34).

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.


Verlag C.F. Müller

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