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Bundestag: Containern, Unternehmensstrafrecht & Co.

Aus wistra 5/2023

Im Bundestag wurden am 26. Januar verschiedene Gesetzesentwürfe debattiert, u.a. – in einem Vorgang – zum sog. Containern, zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe, zur Gleichheit im Strafrecht sowie zum Unternehmensstrafrecht (Plenarprotokoll 20/82). Die Abgeordnete Hierl führte in diesem Zusammenhang u.a. Folgendes aus (S. 9796 f.), soweit es wirtschaftsstrafrechtlich von Interesse ist:

„Über das Unternehmensstrafrecht, das in einem der Anträge gefordert wurde, haben wir heute noch wenig gehört. Es ist vielleicht ein wenig untergegangen. Das liegt wohl daran, dass Sie in Ihrem Antrag nur eine stichpunktartige Zusammenfassung eines Antrags aus der letzten Legislatur vorgelegt haben. Sie hätten sich vielleicht wenigstens die Mühe machen können, ihn neu aufzuarbeiten. 

Im Jahr 2011 wurde ein weltweit führender Anbieter von industriellen Dienstleistungen wegen Schmiergeldzahlungen an ausländische Amtsträger zu einer Geldbuße von 140 Millionen Euro verurteilt. Im Jahr 2009 wurde ein führender Nutzfahrzeughersteller wegen Bestechung zu einer Geldbuße von 150 Millionen Euro verurteilt. Im Jahr 2007 wurde ein führender Elektrokonzern wegen Schmiergeldzahlungen zu einer Geldbuße von 201 Millionen Euro verurteilt. Diese Fälle zeigen, dass vor allem mit § 30 OWiG bereits Regelungen im deutschen Recht zur Bestrafung von Unternehmen bestehen. Vorgesehen sind Geldbußen bis zu 10 Millionen Euro, und zusätzlich dazu kann noch eine Gewinnabschöpfung erfolgen. Auch zeigen diese Fälle, dass trotz Opportunitätsprinzip Verurteilungen erfolgen. 

Sofern ein Unternehmen einen rechtskräftigen Bußgeldbescheid über 200 Euro bekommt, wird dieser ins Gewerberegister eingetragen. Das bedeutet für die Unternehmen, dass sie nicht mehr an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen dürfen, sofern das Bußgeld auf Straftaten wie Geldwäsche, Betrug, Bestechung oder Ähnlichem beruht. 

Im Wirtschaftsverwaltungsrecht sind der Widerruf von erteilten Genehmigungen und die Untersagung von Tätigkeiten möglich. Also, alle diese Dinge sind auch heute schon möglich. Betriebsschließungen können nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz vorgenommen werden. Sogar die Auflösung von Gesellschaften ist heute schon denkbar. Die Gesetze bestehen also; wir müssen sie nur anwenden. 

Beim Hinweis darauf, dass andere Länder, auch in Europa, ein Unternehmensstrafrecht haben, verkennen Sie die Tatsache, dass die Rechtssysteme in den Ländern andere sind. Damit ist es auch schwierig, direkte Vergleiche zu ziehen. Oftmals gibt es in den Ländern keine Ordnungswidrigkeiten, und damit ist dort mangels Alternative die Regelung im Strafrecht notwendig. 

Aber worum geht es eigentlich im Kern dieser Thematik? Es geht doch nicht darum, härtere Strafen gegen die Unternehmen auszusprechen, sondern es geht doch eigentlich darum, Straftaten wie Steuerhinterziehung, wie Bestechung, wie Korruption zu verhindern, also darum, dass die Unternehmen „compliant“ sind. Solche Fälle verhindern wir aber nicht, indem wir Vorschriften wie § 30 OWiG ins Strafgesetzbuch überführen, sondern indem wir die Unternehmen unterstützen, bessere Compliance zu machen, und hier Anreize setzen. In diese Richtung sollten wir denken, statt das Strafrecht weiter zu belasten.“ 

Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin


Verlag C.F. Müller

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