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Umsatzbezogene Geldbußen in Strompreisbremse- und Gaspreisbremse-Gesetzen

Aus wistra 2/2023

Das Gesetz zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und zur Änderung weiterer Vorschriften (BGBl. I 2560 – „Gaspreisbremse-Gesetz“) sowie das Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen (BGBl. I 2512 – „Strompreisbremse-Gesetz“) sind (jeweils mit Ausnahmen) am 24.12.2022 in Kraft getreten. Die Regelungen führen Preisbremsen zur Entlastung der Letztverbraucher von Erdgas, Wärme und Strom ein. Zugleich werden bei den Stromerzeugern „kriegs- und krisenbedingte Überschusserlöse ... abgeschöpft und ... zur Finanzierung der Entlastungsmaßnahmen verwendet“ (BT-Drucks. 20/4685, 3). Beide Regelungen enthalten Ordnungswidrigkeitentatbestände, die insbesondere missbräuchliche Gestaltungen mit Geldbuße bewehren.

Beim Gaspreisbremse-Gesetz gehört dazu die Abrechnung unzulässiger Grundpreise (§ 38 I Nr. 1, 4 Gaspreisbremse-Gesetz). Gaslieferanten könnten anderenfalls „Kostenpositionen in den Arbeitspreis ‚verschieben‘, um den Grundpreis ohne wirtschaftlichen Nachteil absenken zu können und sich so einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, weil ein Teil des vertraglich vereinbarten Arbeitspreises im Rahmen der Erdgaspreisbremse“ den Lieferanten erstattet wird (BT-Drucks. 20/4683, 67). Bußgeldbewehrt ist auch das Verbot für Lieferanten, während der Geltung der Erdgaspreisbremse Letztverbrauchern höhere Vergünstigungen oder Zugaben anzubieten (§ 38 I Nr. 2 Gaspreisbremse-Gesetz). Das soll den Anreiz vermeiden, dass Erdgaslieferanten Verbraucher mit Vergünstigungen oder Zugaben anlocken, die sie über erhöhte (erstattungsfähige) Arbeitspreise refinanzieren (BT-Drucks. 20/4683, 67). Schließlich ist die Verletzung von Mitteilungspflichten von Großverbrauchern, für deren Entlastungsbeträge Höchstgrenzen gelten, mit Geldbuße bewehrt (§ 38 I Nr. 3 Gaspreisbremse-Gesetz).

Das Strompreisbremse-Gesetz enthält ähnliche Ordnungswidrigkeitentatbestände (§ 43 I Nr. 1, 2, 4–7 Strompreisbremse-Gesetz) und bewehrt zudem auch den Verzug bei der Zahlung des Abschöpfungsbetrags mit Geldbuße (§ 43 I Nr. 3 Strompreisbremse-Gesetz). Ein im Gesetzentwurf noch enthaltener und ausgesprochen weitreichender Missbrauchstatbestand („Ordnungswidrig handelt auch, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 39 Absatz 1 seine Verhaltensmöglichkeiten missbraucht“; § 43 IV Strompreisbremse-Gesetz-E; BT-Drucks. 20/4685, 42) ist im Gesetzgebungsverfahren entfallen.

Beide Gesetze sehen für juristische Person und Personenvereinigung mit einem Gesamtumsatz von mehr als 12,5 Mio. € umsatzbezogene Bußgeldobergrenzen von 8 %, 4 % bzw. 1 % vor (§ 43 III Strompreisbremse-Gesetz bzw. § 38 IV Gaspreisbremse-Gesetz). Zuständig für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten sind grundsätzlich BKartA bzw. die Bundesnetzagentur (§ 43 IV Strompreisbremse-Gesetz bzw. § 38 V Gaspreisbremse-Gesetz). Für das Verfahren gelten die Regelungen des GWB bzw. des EnWG (§ 43 V Strompreisbremse-Gesetz bzw. § 38 VI Gaspreisbremse-Gesetz). Für die bußgeldrechtliche Haftung von Rechtsnachfolgern gelten gesonderte Regelungen (§ 43 VI-X Strompreisbremse-Gesetz bzw. § 38 VII-XI Gaspreisbremse-Gesetz).

Aufgrund europarechtlicher Vorgaben finden sich umsatzbezogene Geldbußen bereits an zahlreichen anderen Stellen (z.B. § 81c GWB, § 56 III GwG, Art. 83 IV DSGVO; s. auch die Auflistung bei Korte, FS Graf-Schlicker, 2018, S. 525). Umsatzbezogene Geldbußen, die nicht europarechtlich veranlasst sind, enthalten § 24 III Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und § 228 VIII TKG, zu denen jetzt die beiden Neuregelungen hinzukommen.

Zu dem in der Sache unverändert gebliebenen Straftatbestand der Verkürzung des Abschöpfungsbetrags (§ 44 Strompreisbremse-Gesetz) s. Busch, wistra 2023, H.1 R10.

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.


Verlag C.F. Müller

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