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Bayerischer Entwurf zur Bekämpfung von Mietwucher

Aus wistra 3/2022

Am 22.12.2021 brachte Bayern den „Entwurf eines Gesetzes zur besseren Bekämpfung von Mietwucher“ (BR-Drucks. 849/21) im Bundesrat erneut wieder ein. Er ist identisch mit dem Entwurf BR-Drucks. 527/19 v. 23.10.2019, der dann der Diskontinuität zum Opfer gefallen war. Die Wiedereinbringung des Entwurfs hat der Bundesrat in der 1006. Sitzung am 11.2.2022 beschlossen (849/21-Beschluss).

Nach dem Entwurf soll angesichts unangemessen hoher Mieten insbesondere in Ballungszentren, die weit über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, zum Schutz von Mietern vor wucherischen Mieten die Bußgeldvorschrift gegen das Verbot von Mietpreiserhöhungen in § 5 Wirtschaftsstrafgesetz ausgeweitet werden. Sie würde dann wie folgt lauten (Änderungen kursiv):

„(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Vermietung von Räumen zum Wohnen oder damit verbundene Nebenleistungen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. 

(2) Unangemessen hoch sind Entgelte, die bei Vorliegen eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen die üblichen Entgelte um mehr als 20 vom Hundert übersteigen, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für die Vermietung von Räumen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage oder damit verbundene Nebenleistungen in den letzten sechs Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen der Betriebskosten abgesehen, geändert worden sind. Nicht unangemessen hoch sind Entgelte, die zur Deckung der laufenden Aufwendungen des Vermieters erforderlich sind, sofern sie unter Zugrundelegung der nach Satz 1 maßgeblichen Entgelte nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung des Vermieters stehen. 

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro geahndet werden.“ 

Nach dem geänderten § 22 (Übergangsregelung) soll die Neufassung nur angewendet werden, wenn das Mietverhältnis nach dem Tag vor dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes begründet worden ist.

Hintergrund des Änderungsvorschlages ist die weitgehende Wirkungslosigkeit des geltenden § 5 WiStG. Hauptgrund hierfür sei, dass die Rechtsprechung des BGH sehr hohe Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen durch den Vermieter stellt. Es soll danach nicht ausreichen, dass sich der Vermieter die gegebene Lage auf dem Wohnungsmarkt bewusst zu Nutze mache. Hinzukommen müsse vielmehr, dass der Vermieter erkennt oder in Kauf nimmt, dass der konkrete Mieter sich in einer Zwangslage befindet, weil er aus nachvollziehbaren gewichtigen Gründen nicht auf eine preiswertere Wohnung ausweichen kann (BGH v. 13.4.2005 – VIII ZR 44/04, wistra 2005, 388 = NJW 2005, 2156 f.). Hierzu seien Feststellungen notwendig, welche Bemühungen der Mieter bei der Wohnungssuche bisher unternommen habe, weshalb diese erfolglos geblieben seien und dass er mangels einer Ausweichmöglichkeit nunmehr auf den Abschluss des für ihn ungünstigen Mietvertrags angewiesen war (vgl. BGH v. 28.1.2004 – VIII ZR 190/03, NJW 2004, 1740 f.). Diese Tatsachen nachzuweisen sei mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Noch größere Probleme dürfte in der Praxis regelmäßig der Nachweis für das subjektive Element des Ausnutzens auf Vermieterseite bereiten, nämlich dass der Vermieter die persönliche Zwangslage erkennt und in Kauf nimmt. Eine „Ausnutzung“ lasse sich in der Praxis deshalb kaum je nachweisen, wodurch § 5 WiStG faktisch weitgehend leerlaufe. Anstatt auf das subjektiv geprägte Merkmal „infolge der Ausnutzung“ soll künftig allein das objektive Vorliegen eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen für die Erfüllung des Tatbestands genügen. Denn bei einer derartigen Sachlage könne generell davon ausgegangen werden, dass die Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent auf das geringe Wohnraumangebot zurückzuführen ist und der Vermieter gerade die angespannte Marktsituation zu seinen Gunsten ausnutze. Im Einzelfall soll deshalb zukünftig der kaum zu führende Nachweis einer individuellen Ausnutzungssituation entfallen.

Dr. Manfred Möhrenschlager, Bonn-Oberkassel


Verlag C.F. Müller

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