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EU-Gesetzgebungspaket zur Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Aus wistra 4/2022

Die Europäische Kommission hat am 20.7.2021 ein umfassendes Gesetzgebungspaket zur Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgelegt. Das Paket baut auf ihren am 7.5.2020 präsentierten Aktionsplan für eine umfassende Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (C(2020) 2800 final) auf und besteht aus vier Teilen:

(1) Vorschlag für eine Verordnung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (COM[2021] 420 final),

(2) Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (COM[2021] 423 final),

(3) Vorschlag für eine Verordnung zur Einrichtung einer EU-Behörde für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (COM[2021] 421 final),

(4) Vorschlag zur Neufassung der Geldtransferverordnung von 2015 (COM[2021] 422 final).

Der Bundesrat hat am 26.11.2021 zu den Legislativvorschlägen Stellung genommen (s. BR-Drucks. 739/21 [Beschluss] zum Vorschlag für eine Verordnung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, BR-Drucks. 740/21 [Beschluss] zum Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, BR-Drucks. 748/21 [Beschluss] zum Vorschlag für eine Verordnung zur Einrichtung einer EU-Behörde für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und BR-Drucks. 749/21 [Beschluss] zum Vorschlag zur Neufassung der Geldtransferverordnung).

 

1. Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung

Kern des Verordnungsvorschlags ist die Überführung bestimmter bisher in der Richtlinie (EU) 2015/849 („5. Geldwäsche-Richtlinie“) enthaltener Regelungen in eine (unmittelbar geltende) Verordnung und damit eine Vollharmonisierung des entsprechenden Regelungsbereichs. Dazu gehören der Kreis der Verpflichteten, Vorgaben für interne Strategien, Kontrollen und Verfahren der Verpflichteten, Sorgfaltspflichten, Regelungen zum wirtschaftlich Berechtigten sowie die neu hinzugekommene Barzahlungsobergrenze i.H.v. 10.000 €.

Beim Kreis der Verpflichteten werden gegenüber der geltenden Richtlinie einige Ergänzungen vorgenommen. Als „Anbieter von Krypto-Dienstleistungen“ werden alle Arten und Kategorien von Anbietern von Krypto-Dienstleistungen einbezogen (Art. 3[3][g] i.V.m. Art. 2[13][14]) und damit die EU-Rechtsvorschriften an die einschlägigen Standards der Financial Action Task Force (FATF) angeglichen. Die Liste der Verpflichteten wird zudem um gewisse Branchen erweitert, nämlich Geber von Hypothekendarlehen und Verbraucherkrediten (soweit es sich nicht um Kredit- oder Finanzinstitute handelt, Art. 3[3][k]), bestimmte Crowdfunding-Plattformen (Art. 3[3][h]) und Dienstleistende im Bereich „Investment Migration“ (Art. 3[3][l]), also „Vermittlungsdienste für Drittstaatsangehörige“, die „gegen eine Investition jeglicher Art (...) Aufenthaltsrechte in einem Mitgliedstaat erwerben wollen“ (sog. „Golden Visa“). Dagegen soll der Güterhandel, der nach der bisherigen Geldwäscherichtlinie bei Transkationen über 10.000 € zum geldwäscherechtlichen Verpflichtetenkreis gehört, aufgrund der Einführung einer Barzahlungsobergrenze von seiner Verpflichtetenstellung befreit werden. Diese Befreiung soll allerdings nicht für den Edelstein- und Edelmetallhandel gelten, der wegen der besonders hohen Geldwäscherisiken auch weiterhin den (zukünftig in der Verordnung niedergelegten) Sorgfaltspflichten unterliegt (Art. 3[3][e]).

Die Vorgaben für interne Strategien, Kontrollen und Verfahren der Verpflichteten (Art. 7 bis 12) zur wirksamen Minderung und Steuerung der Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung werden detaillierter gestaltet. Auch bei den Sorgfaltspflichten (Art. 15 bis 22) findet nicht lediglich eine Übernahme der Richtlinienvorgaben statt. Insbesondere enthält der Verordnungsentwurf detailliertere Vorgaben zur Identifizierung der Kunden und zur Verifizierung der Identität.

Im Vergleich zur geltenden Richtlinie werden detailliertere Vorgaben zur Identifizierung der wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen und anderen Rechtsgestaltungen (Art. 42) gemacht. Neu eingeführt wird eine Pflicht für juristische Personen und Rechtsgestaltungen, die ihren Sitz außerhalb der EU haben, ihre wirtschaftlich Berechtigten zu registrieren, sofern die juristische Person oder Rechtsgestaltung eine Geschäftsbeziehung mit einem Verpflichteten eingehen oder in der Europäischen Union Grundbesitz erwerben will (Art. 48). Die Registrierung hat in dem Transparenzregister des Mitgliedstaates zu erfolgen, in dem die Geschäftsbeziehung eingegangen bzw. der Grundbesitz erworben werden soll. Bei Geschäftsbeziehungen bzw. dem Erwerb von Grundbesitz in mehreren Mitgliedstaaten ist der Nachweis der Registrierung in einem Mitgliedstaat ausreichend.

Barzahlungen dürfen Güterhändler und Dienstleister nur noch i.H.v. maximal 10.000 € entgegennehmen (Art. 59). Für Geschäfte zwischen Privaten gilt die Obergrenze nicht (Art. 59[4][a]), so dass sich die Regelung nicht mit dem im Koalitionsvertrag vorgesehenen „Verbot des Erwerbs von Immobilien mit Bargeld“ deckt, da gerade solche Erwerbsgeschäfte häufig auch zwischen Privaten stattfinden. Bareinzahlungen bei Banken sollen ebenfalls weiter unbegrenzt zulässig sein, müssen aber bei Überschreiten der Obergrenze an die zentrale Meldestelle (FIU) gemeldet werden (Art. 59[4][b]). Niedrigere nationale Bargeldobergrenzen sind zulässig (Art. 59[2][3]).

Notare, Rechtsanwälte und andere selbständige Angehörige von rechtsberatenden Berufen sollen weiterhin von der Pflicht zur Meldung verdächtiger Transaktionen ausgenommen sein, soweit Informationen betroffen sind, die der Berufsträger in einer Rechtssache mit Mandatsbezug von einem Klienten erhalten hat oder in Bezug auf diesen einholt (Art. 51[2]). Mit einer solchen unmittelbar geltenden und vollharmonisierenden Regelung unvereinbar sein dürften die Meldepflichten der am 1.10.2020 in Kraft getretenen (nationalen) Verordnung zu den nach dem Geldwäschegesetz meldepflichtigen Sachverhalten im Immobilienbereich (GwGMeldV-Immobilien). Diese Verordnung sieht in bestimmten Hochrisikosituationen Meldepflichten auch für Berufsgeheimnisträger vor und bestimmt dazu Sachverhalte bei Immobilientransaktionen, die insbesondere von Rechtsanwälten und Notaren stets zu melden sind (s. dazu auch BR-Drucks. 739/21 [Beschluss], S. 4).

Eine Regelung zum Schutz des Berufsgeheimnisses bei der Aufsichtstätigkeit fehlt in dem Verordnungsvorschlag. In Deutschland ist der Schutz des Berufsgeheimnisses auch von Aufsichtsstellen zu beachten, die Verdachtsfälle nicht melden dürfen, wenn die beaufsichtigten Verpflichteten ihrerseits nicht zur Meldung verpflichtet sind und daher von einer Meldung abgesehen haben, § 44 Abs. 1 S. 2 GwG; s. dazu den von Berlin in den Bundesrat eingebrachten und dort abgelehnten „Entschließungsantrag zur Änderung des Geldwäschegesetzes – Effektive Bekämpfung der Geldwäsche gewährleisten“, der sich für eine Rücknahme dieser Einschränkung ausgesprochen hatte (BR-Drucks. 693/21).

 

2. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die von den Mitgliedstaaten einzurichtenden Mechanismen zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2015/849 

In der neu zu fassenden Geldwäscherichtlinie (bisher: 5. Geldwäscherichtlinie) sollen Regelungen zur Risikoanalyse (Art. 7, 8), zu den Transparenzregistern (Art. 10 bis 13), zu den zentralen Meldestellen („FIUs“, Art. 17 bis 28), zur Geldwäscheaufsicht (Art. 29 bis 38) sowie zu den Bußgeldtatbeständen (Art. 39 bis 42) verbleiben. Der Richtlinienvorschlag sieht überdies die Vernetzung der nationalen Kontenabrufverfahren bzw. -register vor (Art. 14) und enthält eine Regelung zu Immobilienregistern (Art. 16). Danach sollen die zuständigen Behörden Zugang haben „zu Informationen, die die zeitnahe Identifizierung aller natürlichen oder juristischen Personen ermöglichen, die in ihrem Hoheitsgebiet Eigentümer von Immobilien sind, unter anderem über Register oder elektronische Datenabrufsysteme“. Eingeschränkt werden dürfte die Regelung allerdings erheblich durch den Vorbehalt, dass sie nur gilt, „soweit solche Register oder Abrufsysteme zur Verfügung stehen“; s. dazu auch den am 9.3.2022 erschienenen Bericht der Kommission über die Beurteilung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Vereinheitlichung von in Immobilienregistern enthaltenen Informationen und die Beurteilung der Notwendigkeit der Vernetzung dieser Register – COM(2022) 87 final.

Besonderes Augenmerk richtet der Vorschlag auf die Geldwäscheaufsicht durch Selbstverwaltungseinrichtungen, wie etwa in Deutschland durch die Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkammern (§ 50 Nr. 3, 4, 6, 7 GwG). Qualität und Intensität der Aufsicht durch Selbstverwaltungseinrichtungen seien „nicht ausreichend und unterliegen keiner oder nahezu keiner öffentlichen Kontrolle“ (Erwägungsgrund 69, kritisch dazu BR-Drucks. 740/21 [Beschluss], S. 1). Die staatlichen Behörden, die ihrerseits die Selbstverwaltungseinrichtungen überwachen, sollen daher zukünftig gewährleisten, dass die Selbstverwaltungseinrichtungen ihre Aufgaben „nach höchsten Standards erfüllen“ (Art. 38[2][a]), was auf eine in Deutschland bisher nicht vorgesehene Fachaufsicht über die entsprechenden Kammern hinauslaufen könnte. Die Vorschrift ist zusammen mit Art. 32(6) der Verordnung zur Errichtung einer Europäischen Geldwäschebekämpfungsbehörde (s. dazu unter 3.) zu lesen, nach der unter bestimmten Umständen zudem eine direkte Weisungsbefugnis der neuen EU-Geldwäschebekämpfungsbehörde gegenüber Selbstverwaltungseinrichtungen bestehen soll.

 

3. Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung der Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, (EU) Nr. 1094/2010 und (EU) Nr. 1095/2010

Mit der Verordnung soll eine europäische Geldwäschebekämpfungsbehörde (EU-Behörde) eingerichtet werden, die über einige wenige geldwäscherechtlich Verpflichtete der Finanzbranche die direkte Aufsicht führen (Art. 12) und diese bei Verstößen auch mit Geldbußen belegen können soll (Art. 21). Die Auswahl der Verpflichteten für eine direkte Aufsicht soll insbesondere an eine grenzüberschreitende Tätigkeit sowie ein hohes inhärentes Risiko anknüpfen (Art. 13). Eine detaillierte Risikomatrix zur Beurteilung des Risikoprofils soll im Wege eines Sekundärrechtsaktes durch die EU-Behörde erlassen werden (Art. 12[5]).

Bei den nicht von der direkten Aufsicht betroffenen Verpflichteten der Finanzbranche soll die EU-Behörde die jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden beaufsichtigen (indirekte Aufsicht) und dazu regelmäßige Bewertungen der Tätigkeiten der Finanzaufsichtsbehörden vornehmen (Art. 28). Außerhalb der Finanzbranche beschränkt sich die indirekte Aufsicht auf „regelmäßig vergleichende Analysen einiger oder aller Tätigkeiten nichtfinanzieller Aufsichtsbehörden“. Sind für die Geldwäscheaufsicht Selbstverwaltungseinrichtungen zuständig (wie in Deutschland u.a. die Rechtsanwaltskammern), so soll die (indirekte) Aufsicht gegenüber den Stellen erfolgen, die ihrerseits die Selbstverwaltungseinrichtungen beaufsichtigen, was etwa im Falle der Rechtsanwaltskammern die Landesjustizverwaltungen wären (§ 62 Abs. 2 BRAO). Es handelt sich also um eine „doppelt indirekte“ Aufsicht, bei der zwischen Verpflichtetem und EU-Behörde die aufsichtsführende Selbstverwaltungseinrichtung und die für die Aufsicht über diese Selbstverwaltungseinrichtung zuständige Stelle stehen. Unter bestimmten Umständen kann die EU-Behörde aber Weisungen auch direkt an die Selbstverwaltungskörperschaft richten (Art. 32[6]).

Die neue Behörde soll zudem die Arbeit der zentralen Meldestellen („FIUs“) unterstützen (Art. 33 bis 37), u.a. indem durch „technische Durchführungsstandards“ (Art. 42) Vorgaben für Geldwäscheverdachtsmeldungen festgelegt werden, sowie durch die Koordinierung der gemeinsamen Analyse von Geldwäscheverdachtsmeldungen (Art. 33), die grenzüberschreitende Sachverhalte betreffen, und die Überprüfung solcher gemeinsamen Analysen (Art. 34).

Die gegenwärtig bei der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) angesiedelten Befugnisse zur geldwäscherechtlichen Standardsetzung sollen auf die EU-Behörde übertragen werden (Art. 89). Anders als bei der EBA soll die Governance der EU-Behörde ein unabhängigeres und stärkeres Exekutivorgan prägen (Art. 52), das insbesondere bei Wahrnehmung direkter Aufsichtsbefugnisse bindende Entscheidungen gegenüber Verpflichteten treffen kann (Art. 53[2]).

Der Verordnungsvorschlag enthält keine Festlegung auf einen Sitz für die neue Behörde. Der Koalitionsvertrag spricht sich für ihren Sitz in Frankfurt/M. aus.

 

4. Vorschlag für eine Verordnung über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers und Transfers bestimmter Kryptowerte (Neufassung)

Der Vorschlag dehnt den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2015/847 (Geldtransferverordnung) auf den Transfer von Kryptowerten unter Einbeziehung von Krypto-Dienstleistern aus. Ziel ist es, im Juni 2019 vorgenommene Änderungen an der entsprechenden Empfehlung der FATF in EU-Recht umzusetzen. Dazu werden insbesondere neue Pflichten zur Übermittlung von Angaben für originierende und begünstigte Anbieter von Krypto-Dienstleistungen an den beiden Enden eines Transfers eingeführt. Bereits 2021 hatte das Bundesministerium der Finanzen im Vorgriff darauf eine Verordnung über verstärkte Sorgfaltspflichten bei dem Transfer von Kryptowerten erlassen (Kryptowertetransferverordnung; BGBl. I 4465), die entsprechende nationale Regelungen enthält. Die Kryptowertetransferverordnung ist nach ihrem § 7 Abs. 1 am 1.10.2021 in Kraft getreten und wird mit dem Inkrafttreten der von der Kommission vorgeschlagenen Neufassung der Verordnung (EU) 2015/847 wieder außer Kraft treten (§ 7 Abs. 2 Kryptowertetransferverordnung).

Der Verordnungsvorschlag wird inzwischen wegen der erforderlichen Abstimmung mit dem von der Kommission ebenfalls vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung über Märkte für Kryptowerte (COM[2020] 593 final) gesondert von den übrigen drei Teilen des Pakets behandelt. Ein Mandat für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament hat der Rat am 1.12.2021 beschlossen (Ratsdokument 14259/21).

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.

 


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