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AfD-Fraktionsentwurf zur Ausweitung und Verschärfung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung

Aus wistra 10/2022

Die AfD-Fraktion hat am 14.7.2022 den „Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes – Ausweitung und Verschärfung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung“ in das Parlament eingebracht (BT-Drucks. 20/2777). Vorgeschlagen werden eine Streichung des Merkmals „im Auftrag oder auf Weisung“ sowie eine Hinzufügung der Tatbestandsvariante „unter Ausnutzung seiner durch das Mandat erlangten Autorität oder Position“. Ein von der AfD im Jahr 2021 unter gleichlautendem Titel vorgelegter Gesetzentwurf (BT-Drucks. 19/27776; s. Möhrenschlager, wistra 2021, R45) hatte – neben Strafschärfungen – nur die Streichung des Merkmals „im Auftrag oder auf Weisung“ vorgesehen und war mit Ablauf der 19. Legislaturperiode der Diskontinuität anheimgefallen. Eine Heraufstufung des Tatbestands zu einem Verbrechen ist 2021 mit Art. 3 des „Gesetzes zur Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestags und zur Anhebung des Strafrahmens des § 108e des Strafgesetzbuches“ erfolgt (BGBl. I 4650; s. Möhrenschlager, wistra 2021, R73).

Mit den in Art. 1 des neuen AfD-Vorschlags vorgesehenen Änderungen hätte die Vorschrift folgenden Wortlaut:

„§ 108e Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern 

(1) Wer als Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates oder unter Ausnutzung seiner durch das Mandat erlangten Autorität oder Position eine Handlung vornehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. 

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mitglied einer Volksvertretung des Bundes oder der Länder einen ungerechtfertigten Vorteil für dieses Mitglied oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass es bei der Wahrnehmung seines Mandates oder unter Ausnutzung seiner durch das Mandat erlangten Autorität oder Position eine Handlung vornehme oder unterlasse.“ 


[(3) bis (5) unverändert] 

Zur Begründung der Änderung führt der Entwurf aus: „Nach geltendem Recht sind Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nur strafbar, wenn der Mandatsträger ‚bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse‘. Dies führt zu der Problematik, welche Handlungsweisen (Tun oder Unterlassen) unter das Tatbestandsmerkmal ‚bei der Wahrnehmung seines Mandates‘ fallen. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts München (OLG München, Beschluss vom 16. November 2021, 6 St 4–5/21, und Beschluss vom 17. November 2021, 8 St 3/21) fallen hierunter nur die parlamentarische [BM-I-1] Verhandlungsgegenstände [sic!] einschließlich der Arbeit in den Ausschüssen, in den Fraktionen und deren Gremien sowie die Tätigkeit in vollständig oder teilweise mit Abgeordneten besetzten Gremien. Dieses Verständnis führt zu nicht nachvollziehbaren Ergebnissen bei Tätigkeiten außerhalb der durch das Mandat begründeten Zuständigkeiten, etwa, wenn lediglich die Autorität des Mandates oder die Kontakte des Mandatsträgers genutzt werden, um einen in der Zuständigkeit einer anderen Stelle liegenden Vorgang zu beeinflussen“ (BT-Drucks. 20/2777, 1).

Die von dem Entwurf in Bezug genommene Entscheidung des OLG Münchens hat der BGH inzwischen bestätigt (BGH, Beschl. v. 5.7.2022 – StB 7–9/22).

Die nunmehr vorgeschlagene Hinzufügung der Tatbestandsvariante „unter Ausnutzung seiner durch das Mandat erlangten Autorität oder Position“ wird wie folgt erläutert: „Damit künftig nicht nur diejenigen Fälle erfasst werden können, die nach dem Willen des Gesetzgebers der 18. Legislaturperiode einen (zu) engen Zusammenhang mit der parlamentarischen Arbeit aufweisen, ist die bisherige Mindermeinung in der Literatur (siehe oben) als weiteres Alternativ-Tatbestandsmerkmal aufzunehmen. Künftig soll schon das Ausnutzen einer Autorität, welche die Bezeichnungen ‚Mitglied des Bundestages` oder ‚Mitglied des Landtages XY´ gemeinhin mit sich zu bringen vermögen, genügen, um – bei Vorliegen aller sonstigen Tatbestandsmerkmale, insbesondere der Unrechtsvereinbarung – eine Strafbarkeit nach § 108e StGB zu begründen. Daneben soll auch das Ausnutzen von durch das Mandat erlangten Positionen – zu denken wäre beispielsweise das Aufsichtsratsmandat eines kommunalen Mandatsträger bei der örtlichen Sparkasse oder ähnliches – und den damit einhergehenden Kontakten zu einer Strafbarkeit führen. Mit der Verwendung des Begriffs ‚Ausnutzen‘ wird hinreichend deutlich, dass damit eine Feststellung eines gewissen Unwerts verbunden sein muss. Somit soll eine Pönalisierung nach dem neu einzufügenden Alternativtatbestand nur dann vorgesehen sein, wenn sich aus dem Gesamtbild ergibt, dass der Betroffene gerade sein Ansehen, seine Autorität, seine gesellschaftliche Stellung, die ihm im Zusammenhang mit dem Mandat zufällt, oder seine allein auf das Mandat zurückzuführende Position ausnutzt, um einen nicht gerechtfertigten Vorteil zu erlangen. Befürchtungen, damit würden sich sämtliche Mandatsträger bei geringfügigen Regelverstößen einer Strafverfolgung wegen eines Verbrechens aussetzen, kann entgegengehalten werden, dass kein Mandatsträger gezwungen ist, seine durch das Mandat erlangte Autorität oder Position für den eigenen Vorteil zu missbrauchen. In geeigneten Fällen kann auf einen minder schweren Fall entschieden werden. Dass bei geringster krimineller Energie eine Sachbehandlung nach §§ 153, 153a StPO nicht in Betracht kommen kann, ist Folge der Strafschärfung in der 19. Legislaturperiode“ (BT-Drucks. 20/2777, 6 f.).

Im Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode heißt es zu § 108e StGB: „Wir werden den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit wirksamer ausgestalten“.

Oberstaatsanwalt beim BGH (Referatsleiter im BMJ) Markus Busch LL.M. (Columbia University), Berlin
Der Text gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.


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