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Insiderhandel

Aus wistra 7/2022

Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit Inkrafttreten des Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetzes (FISG) ergriffen, um der Aufforderung des Finanzausschusses (BT-Drucks. 19/29879, S. 132) nachzukommen, für die Bundesoberbehörden wirksame Integritäts- Regelungen sicherzustellen, die sich auf private Finanzgeschäfte der Beschäftigten erstrecken und die insbesondere die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu kapitalmarktrechtlich relevanten Informationen und zur Vermeidung von Interessenkonflikten gewährleisten? Auf diese parlamentarische Anfrage gibt es interessante Einblicke in das Innenleben von Behörden und Ministerien, etwa (BT-Drucks. 20/1267):

BMF:
„Im BMF ist zum 31. März 2021 die ‚Dienstanweisung zur Einführung ergänzender Compliance-Maßnahmen mit Bezug zu privaten Finanzgeschäften der Beschäftigten‘ in prioritären Bereichen mit Zugang zu finanzmarktsensiblen Informationen in Kraft getreten. Ergänzend hat das BMF – vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklungen – auch sämtliche Beschäftigte auf die geltenden Regelungen zum Insiderhandelsverbot und zum Verbot der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen hingewiesen. ...“

BaFin:
„Mit dem FISG wurde § 11a Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) eingeführt, der unmittelbar für die Beschäftigten der BaFin gilt. Dieser sieht für die Ba- Fin-Beschäftigten weitgehende Handelsverbote vor, u. a. bezüglich von Wertpapieren, die an einem in Deutschland organisierten Markt zum Handel zugelassen sind oder von beaufsichtigten Unternehmen herausgegeben werden. Ferner verpflichtet diese Vorschrift die BaFin zur Einrichtung von diesbezüglichen Kontrollverfahren. Auf Basis des § 28 Wertpapierhandelsgesetz a. F. gab es bereits zuvor interne Ba- Fin-Regelungen, zuletzt auch ein Handelsverbot mit Bezug zu finanziellen Kapitalgesellschaften in der EU, welches nunmehr Teil des § 11a FinDAG ist.
Zur Sensibilisierung für die weitergehenden Handelsverbote des § 11a FinDAG und zur Information der Beschäftigten wurden verschiedene Kommunikationsmaßnahmen (Intranetbeiträge, Telefon-Hotline, FAQ u. ä.) ergriffen. Bereits vor Inkrafttreten des § 11a FinDAG wurde in der BaFin eine Taskforce damit beauftragt, u. a. eine Neufassung der Dienstanweisung Private Finanzgeschäfte auszuarbeiten und die Implementierung einer erweiterten Compliance-Software für die Kontrolle der privaten Finanzgeschäfte der Beschäftigten vorzubereiten. Die Neufassung der Dienstanweisung ‚Private Finanzgeschäfte‘, mit der die BaFin den gesetzlichen Gestaltungsraum nach § 11a FinDAG weiter ausdifferenziert, befindet sich derzeit im gesetzlich vorgesehenen Beteiligungsprozess mit den Interessensvertretungen der Ba- Fin, u. a. dem Personalrat. Die neue Compliance-Software kann voraussichtlich bis Ende des Jahres beschafft und in die Roll-Out-Phase überführt werden. Diese soll nicht nur die Anforderungen des § 11a FinDAG und der neuen Dienstanweisung in Meldeprozessen abbilden, sondern auch einen optimierten Automatisierungsgrad aufweisen, um die Überprüfung privater Finanzgeschäften zu erleichtern. ...“

BMWK:
„Das BMWK verfügt über ein Compliance-Referat, das sich schwerpunktmäßig mit den Themen Insiderhandel, dienstliches Wissen und private Finanzgeschäfte sowie generell den Umgang mit Interessenkonflikten befasst. Es wurden umfangreiche Maßnahmen zur Information und Sensibilisierung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und aller Referate des BMWK getroffen und es erfolgt eine Beratung im Einzelfall. Außerdem wurde im BMWK eine Meldestelle auf der Grundlage der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, eingerichtet. ...“

BKartA:
„... hat das Bundeskartellamt als nachgeordnete Behörde des BMWK interne Handlungsanleitungen für die Beschäftigten erstellt. Mit Aufnahme der Tätigkeit im Bundeskartellamt bestätigen die Beschäftigten zum einen mit Unterschrift den Empfang des Vermerks betreffend den ‚Umgang mit Insiderinformationen‘. Zum anderen erhalten die Beschäftigten einen Vermerk sowie eine Verwaltungsverfügung zum Thema ‚Umgang mit Interessenkonflikten‘, deren Erhalt und Einhaltung ebenfalls mit Unterschrift bestätigt wird. Der Vermerk ‚Umgang mit Insiderinformationen‘ dient der Sensibilisierung aller Beschäftigten und erläutert ausführlich das Verbot von Insidergeschäften, zu denen auch der Aktienhandel zählen kann. Der Vermerk gibt einen Überblick über die rechtlichen Vorgaben und zeigt typische (potentielle) Berührungspunkte mit der dienstlichen Aufgabenwahrnehmung im Bundeskartellamt auf. Zudem werden die möglichen Sanktionen von Verstößen dargestellt. Der Vermerk zum ‚Umgang mit Interessenkonflikten‘ stellt die gesetzlichen Befangenheitsgründe dar und verdeutlicht diese durch weitere Ausführungen und Beispiele, darunter ebenfalls Fragen des Aktienbesitzes. ...“

BAFA:
„... das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat im Rahmen der Korruptionsprävention im Intranet Hinweise zum Verbot von Insidergeschäften aufgrund von dienstlich erlangten Informationen sowie zu innerdienstlichen Verhaltenspflichten, die sich daraus ergeben, veröffentlicht. In den Schulungsveranstaltungen zur Korruptionsprävention, an denen auch die Beschäftigten der APAS teilnehmen, wird regelmäßig darauf hingewiesen.“

APAS:
„Im letzten Jahr wurden die Compliance-Regelungen in der Geschäftsordnung der APAS umfassend überarbeitet und dabei insbesondere die Vorgaben für private Wertpapiergeschäfte verschärft. So werden Beschäftigte von Berufsaufsichtsverfahren ausgeschlossen, wenn sie Unternehmensanteile im Wert von 5.000 Euro oder mehr, bezogen auf das von einem unter die Aufsicht durch die Abschlussprüferaufsichtsstelle fallenden Abschlussprüfer geprüfte Unternehmen, besitzen. Die Leitung der APAS gilt zudem bei jeglichem Besitz unabhängig vom Wert der Anteile für das konkrete Verfahren als befangen.
Daneben bestehen für die Beschäftigten der APAS im Hinblick auf mögliche Interessenkonflikte Mitteilungspflichten. Die Beschäftigten haben alle Tatsachen und Umstände, die einen Ausschlussgrund in ihrer Person begründen können und daher gegen die Einbeziehung in ein bestimmtes Verfahren sprechen, gegenüber dem Leiter oder der Leiterin offenzulegen und unverzüglich anzuzeigen. Wertsteigerungen ihrer Unternehmensanteile sind ebenfalls unverzüglich anzeigen, wenn sich dadurch der Wertpapierbesitz auf über 5.000 Euro beläuft. Für den Leiter oder die Leiterin der APAS bestehen Mitteilungspflichten gegenüber dem BAFA, welches beim Vorliegen von Ausschlussgründen im Einvernehmen mit dem BMWK über die daraus folgenden Konsequenzen entscheidet. Sollte es zu Verstößen gegen die Mitteilungspflichten kommen, kann dies durch das BAFA dienstrechtlich geahndet werden. Zur Sensibilisierung der Beschäftigten werden u. a. auch Schulungen durchgeführt.“

Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin


Verlag C.F. Müller

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