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Wirtschaftsstrafgesetz

Aus wistra 1/2020

Ebenfalls im Berliner Abgeordnetenhaus wurden Fragen zum Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG 1954) gestellt. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft führt aus, dass § 3 (Verstöße gegen die Preisregelung) nicht die Möglichkeit biete, „aus sich selbst heraus“ Verfahren zu führen. Vielmehr diene diese Vorschrift als Ermächtigungsgrundlage für Ordnungswidrigkeitsvorschriften in Verordnungen über

  • Preise, Preisspannen, Zuschläge oder Abschläge,
  • Preisangaben,
  • Zahlungs- und Lieferbedingungen oder
  • andere der Preisbildung oder dem Preisschutz dienende Maßnahmen,

in denen dann auf § 3 WiStrG 1954 verwiesen wird.

Dem Berliner Senat sind auskunftsgemäß lediglich zwei Vorschriften bekannt, die auf § 3 WiStrG 1954 verweisen:

  • § 10 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PAngV) verweist auf „§ 3 Abs. 1 Nr. 2 des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954“. Die Zuständigkeit für den Vollzug der PAngV liegt bei den Bezirken.
  • § 11 der Preisverordnung VO PR 30/53 verweist allgemein auf die „Strafbestimmungen des Wirtschaftsstrafgesetzes“. Somit kommen hier § 3 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 4 WiStrG 1954 in Betracht. Verstöße gegen Preisregelungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4 WiStrG 1954 fallen laut Nr. 7 des Zuständigkeitskatalogs Ordnungsaufgaben (Anlage zum Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz – ASOG Berlin) in die Zuständigkeit des für Wirtschaft zuständigen Mitglieds des Senats (Stand 2019). Die Ordnungsaufgaben auf dem Gebiet der Preisbildung und der Preisüberwachung ergeben sich aus der Normierung zu Preisen und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen (VO PR Nr. 30/53).

§ 4 (Preisüberhöhung in einem Beruf oder Gewerbe) war nach den Recherchen der Senatsverwaltung bislang nur vereinzelt Gegenstand der Rechtsprechung, da die Norm wegen der im GWB bereitgestellten Eingriffsmöglichkeiten für die Kartellbehörden nur selten Anwendung findet. In der bisherigen Entscheidungspraxis sei die Lebenswichtigkeit von Gegenständen (Güter, die veräußert werden können) oder Leistungen (alle Dienstleistungen, die im Rahmen einer Gewerbe- oder Berufstätigkeit erbracht werden können) nach ihrer Bedeutung für die Allgemeinheit beurteilt worden; sie sei schon dann als lebenswichtig angesehen worden, wenn sie unter Berücksichtigung des heutigen Lebensstandards zur unmittelbaren oder mittelbaren Befriedigung der berechtigten materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich sind. Sofern aus den wenigen zu §4 WiStrG 1954 veröffentlichten und verfügbaren Entscheidungen ersichtlich, habe der Schwerpunkt der Anwendung der Norm bei der Vermietung von Gewerberäumlichkeiten gelegen.

Zu § 5 (Mietpreisüberhöhung) führt die Senatsverwaltung aus, dass sich – nach Auskunft der Bezirke – die ortsübliche Vergleichsmiete nach dem jeweils gültigen Mietspiegel bestimmt. Dieser werde vom Senat regelmäßig aktualisiert und veröffentlicht. Die Miete dürfe nach dem Gesetz die dort genannten Werte nicht um mehr als 20% überschreiten. Tatbestandlich erforderlich sei zudem das Ausnutzen eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen. Nach der Rechtsprechung des BGH sei das Tatbestandsmerkmal des „Ausnutzens“ nur gegeben, wenn der Vermieter erkennt oder in Kauf nimmt, dass der Mieter sich in einer Zwangslage befindet, weil er aus nachvollziehbaren gewichtigen Gründen nicht auf eine preiswertere Wohnung ausweichen kann. Hierbei müsse zwischen der Mangellage und dem Ausnutzen ein Kausalzusammenhang bestehen. Es komme also darauf an, ob der konkrete Mieter im Einzelfall besondere Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche gehabt hat. Der Mieter müsse dabei im Einzelnen darlegen, welche Bemühungen er bei der Suche nach einer angemessenen Wohnung unternommen hat und weshalb diese Suche erfolglos geblieben ist (Drs. 18/ 21399). Zu einer Initiative des Bundesrates zur Vereinfachung von § 5 WiStG siehe wistra 2019 Heft 12 S. XI f.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin


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