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Prüfung bei der Auftragsvergabe

Aus wistra 2/2020

In der Drucksache 18/21525 im Berliner Abgeordnetenhaus wird ausgeführt, dass der öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Auftragsvergabe die Eignung der Bieter als potenzielle Auftragnehmer vor Auftragserteilung im jeweiligen Vergabeverfahren prüft und diese bei Verstößen ausschließt. Hierfür bestehen nach der Darstellung des Senats – auszugsweise – die nachfolgend aufgelisteten rechtlichen Grundlagen:

  • § 21 SchwarzArbG
    Von der Teilnahme an einem Wettbewerb um einen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrag werden Bewerber bis zu einer Dauer von drei Jahren ausgeschlossen, wenn gegen sie wegen Schwarzarbeit, illegaler Beschäftigung oder Menschenhandel ein Bußgeld bzw. eine Geld- oder Freiheitsstrafe verhängt wurde. Der Ausschluss vom Wettbewerb gilt nach § 21 SchwarzArbG auch dann, wenn bereits vor einer Verurteilung keine begründeten Zweifel an der Verfehlung bestehen.
  • §150a GewO
    Für den Bewerber, der den Zuschlag erhalten soll, fordert der öffentliche Auftraggeber bei Bauaufträgen ab einer Höhe von 30.000 EUR vor Zuschlagserteilung eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister (GZR) nach § 150a GewO beim Bundesamt für Justiz an. Diese Auskunft gibt dem öffentlichen Auftraggeber Informationen über die Unzuverlässigkeit oder Ungeeignetheit von Gewerbetreibenden auf Grundlage von Verwaltungsentscheidungen und Bußgeldbescheiden (vgl. hierzu Nr. 9.2.1 der Ausführungsvorschriften zu § 55 der Landeshaushaltsordnung).
  • § 6 Absatz 1 des Berliner Korruptionsregister (KRG)
    „Die öffentlichen Auftraggeber sind verpflichtet, vor Entscheidungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge mit einem Wert ab 15.000 Euro bei der Informationsstelle nachzufragen, inwieweit Eintragungen im Korruptionsregister […] vorliegen“. Diese Informationsstelle gibt nach dem KRG Auskunft über Vorteilsannahme, Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung, Bestechung, Veruntreuung, wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen, illegale Beschäftigung usw. (vgl. hierzu Nr. 9.2.3 der Ausführungsvorschriften zu § 55 der Landeshaushaltsordnung). 
  • Auskunftsersuchen HZA Berlin (FKS)
    Über die Auskünfte aus dem GZR und KRG hinaus wurde im Rundschreiben SenStadt VI A Nr. 01/2011 bekanntgegeben, dass öffentliche Auftraggeber des Landes Berlin ein Auskunftsersuchen – in der Regel ab 30 000 EUR Auftragswert, in besonders gekennzeichneten Verdachtsfällen auch unter 30 000 EUR Auftragswert – beim HZA Berlin, Sachgebiet E (FKS) stellen.
  • § 124 GWB
    Der Öffentliche Auftraggeber kann unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens ausschließen, wenn das Unternehmen gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat.
  • § 6a (EU) Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A)
    Für Bauaufträge des Landes Berlin wird eine Eignungsprüfung der Bieter nach VOB/A § 6a bzw. § 6a EU durchgeführt. Diese Prüfung umfasst unter anderem die Zuverlässigkeit der Bewerber oder Bieter. Bewerber oder Bieter, die nicht zuverlässig sind, können zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens ausgeschlossen werden.
  • § 3 Baustellenverordnung (BaustellV) – Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatoren (SiGeKo)
    „Für Baustellen, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, sind ein oder mehrere geeignete Koordinatoren zu bestellen“. Dies trifft immer dann zu, wenn mehrere Firmen unterschiedlicher Gewerke zeitgleich auf einer Baustelle tätig sind. Der öffentliche Auftraggeber beauftragt in der Regel einen geeigneten Dritten (Si- GeKo) ab der Planungsphase (vgl. hierzu § 3 Abs. 2 und 3 BaustellV).
  • § 1 Abs. 1 und 2 Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG)
    Die öffentlichen Auftraggeber verpflichten sich, nur Aufträge an zuverlässige gesetzestreue Unternehmen zu vergeben, welche die Tarif- oder eine Mindestentlohnung nachweisen.
  • § 8 BerlAVG in Verbindung mit § 6 BerlAVG – ILO-Kernarbeitsnormen
    Die öffentlichen Auftraggeber verpflichten sich nur Waren zu beschaffen, welche nicht durch Zwangs-, Pflicht- oder Kinderarbeit entstanden sind. Dies betrifft insbesondere die Verwendung von natürlichen Baustoffen aus dem Ausland. Entsprechende Waren werden in der Leistungsbeschreibung gekennzeichnet und die Einhaltung der Kernarbeitsnormen im Beschaffungsvorgang wird mit entsprechenden Zertifikaten belegt.
    Auf Grundlage des § 124 GWB und § 6a EU VOB/A schließt der öffentliche Auftraggeber Unternehmen von Vergabeverfahren aus, die gegen die beschriebenen umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtlichen Verpflichtungen verstoßen haben oder gegen die ein entsprechender begründeter Verdacht besteht. Hierzu werden bei entsprechenden Auftragshöhen regelmäßig Abfragen beim Gewerbezentralregister und Korruptionsregister durchgeführt (vgl. hierzu das o.g. Rundschreiben SenStadt VI A Nr. 01/2011).
    Der öffentliche Auftraggeber kontrolliert nach der Darstellung des Senats bei einer Auftragserteilung die Einhaltung der Verpflichtungen der Auftragnehmer und er wahrt im Baubetrieb seine Aufgaben des Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutzes. Hierfür bestehen auszugsweise die nachfolgend aufgelisteten rechtlichen Grundlagen.
  • § 5 Abs.1 BerlAVG
    Die öffentlichen Auftraggeber führen stichprobenartig Kontrollen durch, um die Einhaltung der in §1 Abs.2 bis 4 und 6, §§4 und 7, §8 Abs.2 und 3 und § 9 vorgesehenen Auflagen und Pflichten zu überprüfen.
  • § 3 BaustellV – Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatoren (SiGeKo)
    Der öffentliche Auftraggeber beauftragt in der Regel einen geeigneten Dritten (Si- GeKo), den Sicherheits- und Gesundheitsschutz zu koordinieren und zu überwachen (vgl. hierzu § 3 Abs. 2 und 3 BaustellV).
  • § 56 Bauordnung für Berlin (BauO Bln)
    Alle Auftraggeber haben einen der Aufgabe entsprechenden qualifizierten Bauleiter zu bestellen. Diese oder dieser hat die vertraglichen Regelungen, die öffentlich-rechtlichen Anforderungen und den gefahrlosen Baustellenbetrieb der Auftragnehmer im Zusammenhang mit der Baumaßnahme zu überwachen bzw. sicherzustellen.

Die Zentralen Vergabestellen geben nach § 5 Abs. 1 BerlAVG jährlich stichprobenartig sowie in Verdachtsfällen die Überprüfung von Auftragnehmern zur Einhaltung der umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtlichen Verpflichtungen bei der bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe eingerichteten zentralen Kontrollgruppe in Auftrag. Des Weiteren werden zur Wahrung des Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutzes geeignete Koordinatoren beauftragt und befähigte Bauleiter eingesetzt.

Die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) veranlasst – neben den Kontrollen, die von der nach § 5 BerlAVG bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe eingerichteten Kontrollgruppe durchgeführt werden – eigene stichprobenartige Kontrollen der von ihr beauftragten Unternehmen. Diese Kontrollen beziehen sich auf die Einhaltung der Mindestlöhne und der Tariftreue sowie die Einhaltung der ILO Kernarbeitsnormen.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin


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