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Abschlussprüferaufsicht

Aus wistra 12/2020

Die Abschlussprüferaufsichtsstelle APAS beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) leitet im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags bei konkreten Anhaltspunkten für Verstöße gegen Berufspflichten bei der Durchführung von Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 319a Abs. 1 S. 1 HGB Berufsaufsichtsverfahren nach § 66a Abs. 6 S. 1 Nr. 2 und 3 WPO gegen Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ein. Darauf weist die Bundesregierung im Rahmen eines parlamentarischen Vorgangs im Bundestag hin (BT-Drucks. 19/22026). Der APAS obliege aber nicht die Prüfung und Feststellung von Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Jahresabschlüssen und der Bilanzierung von Unternehmen von öffentlichem Interesse.


Nach Auffassung der Bundesregierung wäre eine Ermächtigung der APAS, sich in noch nicht abgeschlossene Abschlussprüfungen einschalten zu können, nicht sachgerecht. Die gesetzliche Aufgabe der APAS bestehe darin, die Einhaltung von Berufspflichten und Qualitätsstandards durch die Abschlussprüfer zu überwachen, aber nicht darin, selbst Abschlussprüfungen durchzuführen. Eine Ermächtigung der APAS, sich in noch nicht abgeschlossene Abschlussprüfungen einschalten zu können, würde einen Eingriff in die in § 323 HGB und § 43 Abs. 1 WPO geregelte Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers für die Durchführung der Abschlussprüfung darstellen, wonach dieser zu einer gewissenhaften (vgl. dazu Wegner wistra 2020, 234, 235 f.) und unparteiischen sowie eigenverantwortlichen Prüfung verpflichtet ist. Der Abschlussprüfer dürfe bei der gesamten Durchführung der Prüfung, der Erstellung des Prüfungsberichts und der Erteilung des Bestätigungsvermerks keinen Weisungen Dritter unterliegen, die sich auf den Inhalt seiner Tätigkeit beziehen. Bei einer Ermächtigung der APAS, sich in laufende Abschlussprüfungen einbringen zu können, bestünde die Gefahr, dass sich der Abschlussprüfer dadurch in einem gewissen Umfang von seiner Verantwortlichkeit für die Durchführung der Abschlussprüfung befreien und das Risiko einer nicht ordnungsgemäßen Prüfung einschließlich eines Haftungsrisikos auf die APAS als öffentliche Aufsicht bzw. auf den Staat verlagern könnte.


Aus Sicht der Bundesregierung stellt das System anlassunabhängiger Kontrollen (Inspektionen) sowie anlassbezogener berufsaufsichtlicher Verfahren durch die Abschlussprüferaufsichtsstelle APAS ein etabliertes und europarechtskonformes System dar, um eine hohe Qualität der Abschlussprüfungsleistungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 319a Abs. 1 S. 1 HGB zu gewährleisten. Es werde allerdings gegenwärtig geprüft, inwieweit sich – etwa hinsichtlich der Zusammenarbeit der APAS mit der BaFin und der Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) – Reformbedarf ergibt.


Gefragt worden ist die Bundesregierung ferner, ob die gesetzliche Abschlussprüfung stärker darauf ausgerichtet werden sollte, gezielte Bilanzmanipulationen und Vermögensschädigungen aufzudecken, und wenn ja, wie? Auch sollte erklärt werden, ob Wirtschaftsprüfer dazu verpflichtet werden sollten, im Rahmen der Abschlussprüfung festgestellte Gesetzesverstöße und signifikante Defizite im Corporate Governance System des zu prüfenden Unternehmens an die Bundesregierung zu melden. In der Antwort hierzu wird ausgeführt, dass bereits nach geltender Rechtslage die Abschlussprüfung so anzulegen ist, dass Unrichtigkeiten und Gesetzesverstöße, die sich auf die Darstellung einer den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens wesentlich auswirken, bei gewissenhafter Berufsausübung erkannt werden (§ 317 Abs. 1 S. 3 HGB). Abschlussprüfer hätten während der gesamten Prüfung eine kritische Grundhaltung zu wahren, wozu es gehöre, Angaben zu hinterfragen, auf Gegebenheiten zu achten, die auf eine falsche Darstellung hindeuten könnten, und die Prüfungsnachweise kritisch zu beurteilen (§ 43 Abs. 4 WPO). Für Unternehmen von öffentlichem Interesse gebe es darüber hinaus eine Regelung für Fälle, in denen der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft Unregelmäßigkeiten, wie Betrug im Zusammenhang mit dem Abschluss des geprüften Unternehmens, vermutet.


Art. 7 VO (EU) Nr. 537/2014 (über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse) regelt: Hat der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft die Vermutung oder einen berechtigten Grund zu der Vermutung, dass Unregelmäßigkeiten, wie Betrug im Zusammenhang mit dem Abschluss des geprüften Unternehmens, möglicherweise eintreten oder eingetreten sind, so ist dies dem geprüften Unternehmen mitzuteilen und dieses aufzufordern, die Angelegenheit zu untersuchen sowie angemessene Maßnahmen zu treffen, um derartigen Unregelmäßigkeiten aufzugreifen und einer Wiederholung in der Zukunft vorzubeugen (Abs. 1). Untersucht das geprüfte Unternehmen die Angelegenheit nicht, so informiert der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft die Behörden, die für die Untersuchung solcher Unregelmäßigkeiten verantwortlich sind (Abs. 2).
Überlegungen zur besseren Bekämpfung von Bilanzbetrug und von Gesetzesverstößen im Zusammenhang mit der Rechnungslegung werden derzeit – so führt die Bundesregierung abschließend aus – geprüft; die Recherche sei noch nicht abgeschlossen.

 

Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin


Verlag C.F. Müller

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