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Baden-Württemberg: Cum/Ex I

aus wistra 3/2024

In den Landtag von Baden-Württemberg wurde ein Antrag eingebracht (Drs. 17/5882), wonach die Landesregierung berichten soll:

1. in wie vielen Fällen es in den Jahren 2005 bis 2011 zur Anrechnung/Erstattung von Kapitalertragsteuer auf Dividendenzahlungen samt Solidaritätszuschlag aufgrund von Cum-Ex-Geschäften auf die Körperschaftssteuerschuld von Banken, Fonds oder anderen Unternehmen gekommen ist (bitte um jährliche Aufschlüsselung und Nennung des Zeitpunkts der Anrechnung [Erlass Steuerbescheid] sowie der jeweiligen Höhe der angerechneten Steuern/Solidaritätszuschlag);

2. in wie vielen Fällen die Anrechnung in diesem Zeitraum versagt wurde (bitte um Aufschlüsselung nach Veranlagungszeitraum, Jahr des Steuerbescheids und Höhe der nicht anerkannten Anrechnung);

3. ob später Korrekturen der Anrechnungen von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag wegen Cum-Ex-Geschäften vorgenommen wurden (falls ja, bitte um Aufschlüsselung, in welchem Jahr für welchen Veranlagungszeitraum diese vorgenommen wurden, ebenso die jeweilige Höhe für das jeweilige Jahr);

4. ob Korrekturen nicht vorgenommen wurden, weil bereits eine Zahlungs- oder Festsetzungsverjährung eingetreten war (falls ja, wann trat welche Verjährung für welchen Veranlagungszeitraum ein und welche Summe umfasste diese betreffende, nicht durchsetzbare Rückforderung);

5. ob es in einzelnen Fällen aufseiten der Steuerverwaltung (insbesondere Finanzämter, Finanzministerium) Überlegungen gegeben hat, verjährungsunterbrechende Maßnahmen zu ergreifen (falls ja, bitte aufgeschlüsselt nach Art der Maßnahmen, Jahr und auf wessen Veranlassung bei welcher Summe diese ergriffen wurden und falls nein, aus welchen Gründen);

6. in wie vielen Fällen das Finanzministerium mit der Frage, ob verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergriffen werden sollen, befasst war;

7. ob die jeweils vorgenommenen Korrekturen von den entsprechend[en] Steuerpflichtigen akzeptiert wurden und falls ja, in welcher Höhe zu welchem Zeitpunkt welche Rückzahlung/Verrechnung für welchen Veranlagungszeitraum erfolgt ist;

9. sofern Ziff. 7 verneint wird, in wie vielen Fällen das für welchen Veranlagungszeitraum der Fall war und ob Verjährung dabei eine Rolle gespielt hat;

9. in wie vielen Fällen die Steuerpflichtigen Einspruch erhoben haben und um welchen Betrag es dabei geht;

10. wie sie die jeweiligen Einwände der Steuerpflichtigen und die entsprechenden Chancen bewertet, die erstatteten/angerechneten Steuern zurückzuerlangen;

11. in wie vielen Fällen eine Klärung der jeweiligen Sachverhalte vor FG erfolgte (bitte um Aufschlüsselung nach Höhe der Summe und des Veranlagungszeitraums);

12. inwiefern sie die Auffassung des LG Bonn (Urteil vom 18.3.2020, 60 KLs – 213 Js 41/19-1/19, Rz. 2049 ff.) teilt, dass ein innerhalb der Frist der Festsetzungs- und Zahlungsverjährung erlassener Änderungsbescheid, der sich nicht auf die Cum-Ex-Geschäfte bezog, die Zahlungsverjährungsfristen für den Gesamtbescheid erneut in Gang setzt;

13. welcher Schaden dem Lande durch die Cum-Ex-Geschäfte insgesamt entstanden ist;

14. wie viele Geldinstitute mit Sitz in Baden-Württemberg für diesen Schaden verantwortlich sind.

In der Begründung des Antrags wird ausgeführt, dass die Cum/Ex-Steuerhinterziehungen aus den Jahren 2005 bis 2011 bundesweit für Aufsehen gesorgt haben und immer wieder Bestand der öffentlichen Berichterstattung sind. Wie das Land in diesem Zusammenhang vor allem mit Einsprüchen und Verjährungstatbestanden umgegangen ist und welcher Schaden dem Land durch diese kriminelle Geschäftstätigkeit entstanden ist, lasse sich erst mit zeitlichem Abstand bewerten.

In einer Stellungnahme des Finanzministeriums hierzu heißt es dann u.a., dass der Finanzverwaltung Baden-Württemberg acht Fälle bekannt sind (zu 1–3). Aufgrund des Steuergeheimnisses könnten keine genaueren Angaben gemacht werden.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin


Verlag C.F. Müller

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